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Aegypten : Reisehandbuch für Aegypten / von Moritz Busch
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242 Tour von Alexandrien.

Die Festlichkeiten ihm zu Ehren finden zweimal im Jahre statt, einmal um die Mitte des März und einmal während der Ueberschwem- mung, kurz vor der Durchstechung der Dämme, welche die Kanäle verschliessen. Höchst wahrscheinlich Nachklänge aus der fröhlichen Zeit des Heidenthums, welches hier allenthalben noch Erinnerungen im Volksleben zurückgelassen hat, versammeln sie ungeheure Massen von Menschen. Dieselben pilgern nach dem Grabe des Heiligen, um ihm ihre Verehrung zu bezeugen. Es sollen bisweilen gegen 150,000 Moslems hier versammelt gewesen sein. Doch treibt die Mehrzahl wohl nicht die Frömmigkeit, sondern die Vergnügungssucht hierher. Denn wie beim Feste der Pascht in Bubastis, welches das Urbild der in Tanta gefeierten gewesen sein mag, mehr Wein getrunken wurde, als in allen Wochen des Jahres zusammen, so werden von den heutigen Aegyptern in Tanta grössere geschlechtliche Excesse begangen, als sonst im Jahre.

Leute von allen Klassen und allen dem Islam huldigenden Na­tionen, die sich in Aegypten befinden, stelleu sich zu dem Feste ein. Gaukler und Possenreisser, Schlangenbändiger, Fechter, Kaufleute aller Art, die bekannten Almehs oder Gawassis, Tänzerinnen, welche Tänze der unanständigsten Art aufführen und, von Mehemed Ali nach Ober- ägypten verbannt, gegenwärtig häufig wieder im Norden sichtbar ge­worden sind, erscheinen, und mancher Kairener, welcher verhiudeit ist, zu kommen, glaubt Ursache zu haben, sein Schicksal zu beklagen Es ist zugleich eine Art Jahrmarkt, doch kommen die Meisten lediglich des Vergnügens halber. Am Grabe des Schecks wevden ein paar Fattah (so heisst das erste Kapitel des Koran) gesprochen, dann geht mau nach den Zelten der Tänzerinnen, um der Musik der Tarabuka, der Schal­meien und Kastagnetten und den Gesängen der Mädchen zuzuhören und sich an den wollüstigen Pantomimen zu ergötzen, mit denen sie die Zuschauer unterhalten, bis der Abend schlimmere Scenen verbirgt.

Der heilige Beduine Said Achmed soll nach Andern (etwa in der Weise wie der heilige Bibbaui zu Bibbeh den heiligen Georg oder wie bei nns der heilige Erzengel Michael den alten Wodan) Eigen­schaften des altägyptischen Herkules (Gom), der zu Sebenytus verehrt wurde, in sich ausgenommen haben. Sehr häufig hört man ihn anru- fen, wo es Lasten zu bewegen, ein Schiff von einer Sandbank zu schieben gibt. Die Wirkungen eines Sturms odpr eines andern furchtbaren Na­turereignisses werden mit dem Ausrufe:YaSaid, ya Bidaui! beschwo­ren, und der oft gehörte GesangGab el Yusara (er brachte zurück die Gefangenen) bekundet die Macht und die Schlauheit dieses Hei­ligen, der nach der Legende zugleich ein gewaltiger Held war.

Das Fest dauert eine volle Woche, und nach ihm folgt gleich ein ähnliches, fast ebenso zahlreich besuchtes im Dorfe Dassuk bei Rahmanieh zu Ehren des heiligen Ibrahim eDassuki.

Ruineneiner alten Stadt gibt es zu und bei Tanta nicht. Doch soll sich in einer der dortigen Moscheen ebenso wie in Mennf eine Inschrift in drei Sprachen befinden. Von Wichtigkeit wäre es,