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I. In der Heimat
Dr. Franz Zallinger zum Thurn verfaßte „Abhandlung von den Überschwemmungen in Tyrol“, die jedoch vorwiegend Theorie behandelte; 1788 erließ der damalige Landesgouverneur von Tirol, Graf von Sauer, eine k. k. Gubernial-Verordnung, die allgemeine Vorsichts- und Vorbeugungsmaßregeln auf stellte und zur eingehenden Behandlung der Frage ermunterte; eine gute Kombination der beiden genannten Veröffentlichungen bildet die mit vielen Beispielen über die Schädlichkeit der Wildbäche ausgestattete Arbeit des Georg Freiherrn von Aretin (1808), der als königlich bayerischer Beamter zu jener Zeit Straßen- und Wasserbaudirektor der damals bayerischen Provinz Tirol war. Wenn auch keine dieser Schriften Theorie und Praxis in wünschenswerter Weise verband, so lenkten sie doch die Aufmerksamkeit der Bevölkerung immer wieder auf die Wildbachfrage. Gerade zur Zeit, da Negrelli dem Staatsbaudienste sich widmete, stand denn auch die Verbauung der Wildbäche auf dem Programme der Baudirektion.
Einen wichtigen Teilpunkt dieses Programmabschnittes bildete die Einigung der Bewohner der einzelnen Täler zu gemeinsamer Abwehr der Hochwassergefahren. In dieser Beziehung lagen die Verhältnisse sehr traurig in Tirol. Die dringensten Entwürfe scheiterten an der Frage der Kostenbedeckung; jeder Bewohner entzog sich nach Möglichkeit der Beitragsverpflichtung. In Südtirol hatten sich wohl — durch italienische Beispiele angeregt — für die Verbauung der Wildbäche und die Regelung der Flüsse schon verhältnismäßig frühzeitig Bauvereine (Leegen, Kompren- sorien) oder auch Konkurrenz-Verbände gebildet; bei den Bauvereinen verblieb die Sorge der Bauausführungen gewöhnlich den Gemeinden ohne Rücksicht auf