4. Lehr- und Wanderjahre
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sehr ungünstig erfolgenden Einmündung der Melach, zu errichten. Negrelli konstatierte in späteren Jahren mit großer Genugtuung die Standfestigkeit dieses Werkes trotz der wiederholten bedeutenden Hochwässer der Melach und des Inns.
Bei der Baudirektion in Tirol bestanden zu jener Zeit nur zwei sehr bescheidene Adjuten für Baupraktikanten; beide waren vergeben; Negrelli war auf die ebenfalls sehr bescheidenen Diäten angewiesen, von denen er nicht nur seinen eigenen Unterhalt bestreiten mußte, sondern auch zur Erhaltung der elterlichen Familie, die einen schweren Daseinskampf führte, beitragen wollte. Um eine Verbesserung dieser ihn schwer bedrückenden Verhältnisse herbeizuführen, bewarb er sich um eine „Diurnistenstelle“ beim k. k. Hofbaurate. Solche Stellen wurden von Zeit zu Zeit erledigt, aber vorzugsweise mit Absolventen technischer Lehranstalten besetzt; Negrelli hätte sich in Wien einer Prüfung unterziehen und die gesamten Reisekosten, auch die Kosten der Rückreise aus Eigenem bestreiten müssen; der Hof baurat, der wohl darüber unterrichtet ist, daß es sich bei Negrelli vor allem um die finanzielle Frage handelt, empfiehlt der Baudirektion, ihn bei dem Baue der Arlbergstraße zu verwenden und tatsächlich wird Negrelli nach Vollendung der Bauarbeiten auf der Moosscheibe nach Bludenz versetzt.
Der Umbau der Arlbergstraße zählte zu den großen Straßenbauten, die damals in Tirol auf der Tagesordnung standen und deren Anregung und Förderung vom Grafen Chotek ausgegangen waren, Kaiser Josef II. hatte im Jahre 1782 den Neubau der Straße über den Arlberg, über den ein elender Saumpfad führte, anbefohlen; der damalige Gouverneur der „oberösterreichi- schen Lande“ (Tirol und Vorarlberg) Graf von Heister