4 . Lehr- und Wanderjahre
43
erdachten Flechtzäunen, die ihre Feuerprobe hier denn auch glänzend bestanden.
Aus dem Pusterthale geht es in das Etschthal. Die Etsch und ihre Zuflüsse haben im Kreise Trient, namentlich im Valsugana ungeheuere Verwüstungen angerichtet; es gibt viel Arbeit, auch viele „Rückstände", die aufgearbeitet werden sollen. Der neue Geist, den Chotek in die Verwaltung gebracht hat, soll auch in Trient einziehen; die einzelnen Arbeitskräfte werden nachhaltiger verwertet, entschiedener ausgenützt. Negrelli verbringt den Winter in Trient; über seine Erlebnisse berichten Bruchstücke eines Tagebuches.
Zu Weihnachten ist Negrelli daheim, in Primiero. Es geht ihm, wie jedem, der nach Jahren an die Stätte seiner Kindheit zurückkehrt und noch seiner Kindheit dort zu begegnen hofft. „Meine Empfindungen bei der Betretung dieser Ortschaften, wo ich so oft in meinen früheren Jahren gelebt, waren mm ganz einer anderen Art“. Nur Primiero selbst gefällt ihm noch. Die Rückreise geht zu Pferd bei grimmiger Kälte vor sich. In Trient verlebt er einen fröhlichen Fasching. Er findet freundliche Aufnahme in den ersten Familien der Stadt. „Der Adel“ — schreibt er ins Tagebuch — „ist meistens gut erzogen, man findet wohl hin und wieder was, worauf man etwas sagen könnte, indessen aber muß man denken, daß keine Stadt tadellos sein kann.“ Negrelli ist ein guter Tänzer; die Mädchen schwärmen für ihn; eine Einladung erwartet nicht die andere; die Eleganz und der Reichtum der Toiletten sind größer als in Innsbruck; das „Casino nobile“ beherbergt eine vornehme aber nicht stolze Gesellschaft; jede Dame tanzt so lange der Ball dauert, nicht aber, wie in Innsbruck, nur drei bis vier Deutsche (Tänze); Körbe auszuteilen ist nicht in der