5. Negrelli in Wien
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übergehe ich, jedoch ehrfurchtsvoll für die großen Männer, die sie so sehr hoch erhoben haben, und hätten sie auch wie die Italiener erhabenere Gegenstände als Jagden, Bettler und ... (unleserlich) zur Ausübung ihrer hohen Kunst gewählt, so wäre ich in den Zimmern, wo diese Schulen ausgestellt sind, ebenso lange geblieben.“ Die Bildergalerien, die Kunstsammlungen aller Art, die verschiedenen öffentlichen Bauten erwecken in ihm die alte Liebe zur Kunst; wiederholt bedauert er, daß er nichts Schönes schaffen kann und auch nichts Schönes besitze; er fühlt sich als „Wurm“ in der Nähe der kopierenden Künstler und beneidet sie um ihr Talent und ihr Glück, es verwerten zu können; nur in dem Bewußtsein, daß er die Werke der großen Künstler mit Verständnis zu genießen weiß, findet er schwachen Trost.
Negrelli besucht fleißig das Theater. Die Bauart des Kärntnertor-, des Josefstädter- und des Burgtheaters tadelt er wegen der geringen Höhe der Gänge, wegen der ungünstigen Anordnung der „Lauben“, wie er die Logen nennt, wegen der schlechten Akustik; im „Theater an der Wien“ befremdet ihn die Übereinanderstellung der Logen und ärgert ihn die starke Neigung des Parterre-Bodens. Der „Freischütz“ im Kärntnertor-Theater befriedigt ihn nicht; dagegen entzückt ihn hier die italienische Oper. Über den „Blaubart“ im Wiedener Theater hat er nur Worte des Tadels; auch der „Diamant des Geisterkönigs“ findet nicht seinen Beifall; „Raimund singt ganz disperat und die Herrn finden dabey ein solches Vergnügen, daß er jedes Liedl wiederholen muß; das beliebteste Liedl hieß: Mariandel, Zuckerkandel.“
Die Vorstellungen im Burgtheater erregen seinen Enthusiasmus. Über „König Yugurt“ ist er entzückt: