6. Vorarlberg
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und trennt sich nicht mehr von dem Bilde: „Amalie ist immer und überall bei mir!“
Im Jahre 1829 vermählt sich Negrelli mit Amalie von Pirkenau. Der Heiratskontrakt sicherte dem jungen Paare eine sorgenlose Zukunft.
Es fehlen die Tagebücher über die erste Zeit der Ehe . . . Erst aus dem Jahre 1831 findet sich wieder so ein kleines, graues, heute schon ganz vergilbtes Heft. Wenig mehr von Glück und Zufriedenheit darin! Enttäuschung jedes Wort ... Er hat sich das Glück der Häuslichkeit anders gedacht. Das junge lebensfrohe Mädchen, das er heimgeführt, das sorgenlos, wohl auch etwas verwöhnt und verhätschelt aufgewachsen ist, sucht Zerstreuung, Unterhaltung, — will wie daheim im Mittelpunkte der Gesellschaft stehen, will — eine Heckenrose — vom Zwang der Etikette nichts wissen; es gibt Verstimmungen da und dort; es wird dies und jenes gesprochen, erst leise, dann laut und lauter, bis es zu Eifersuchtsszenen kommt, zu Vorwürfen, zu Tränen und — zur Versöhnung ... Dann beginnt der Lauf der Dinge von neuem ... Es mag wohl nicht alles so tragisch gewesen sein, wie es — frisch ins Tagebuch geworfen — aus den Zeilen wiederklingt; die jungen Leute waren fast als Fremde zum Traualtar geschritten; da mußten erst in steter Reibung der Charaktere und Gefühle die Ecken sich abschleifen, daß jedes Teiles Eigenart sich in die andere zu fügen weiß- Negrelli würde wohl das häusliche „Ungemach" weniger ernst genommen haben, wenn nicht auch andere Verhältnisse ihn schwer gedrückt, ihn allen Frohsinns, ihn der Heiterkeit seines Gemütes beraubt hätten. Der Kampf um eine standesgemäße Existenz wird bei der zunehmenden Teuerung einerseits und den wachsenden Ansprüchen seiner Familie in Primiero anderseits