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II. In der Schweiz (1832 bis 1840)
persönlich sind sogar geliebt, wo man Sie kennt, und bald würden Sie es überall seyn“.
Negrelli wendet sich an den Grafen Reisach; postwendend kommt die Antwort, vom 4. Februar 1832 datiert. Es ist ein herzlich, väterlich liebevoller Brief, der vor Allem bemüht ist, die Schattenseiten der Schweizer Anträge zu zeigen — und gerade hierin liegt auch der historische Wert des Schreibens. Nachdem Graf Reisach auf die allerdings ungünstigen Aussichten im österreichischen Staatsdienste hingewiesen und betont hat, daß Negrelli in Tirol wohl nur ihn und Duile zu Freunden und Gönnern hat, die aber beide alt und schwächlich sind und wohl früher als es sonst schiene, Anderen Platz machen müssen, fährt er fort: „Dieser wesentlichen Schattenseiten ihrer Verhältnisse bei uns, die ich als Freund ganz offen mitteile, ohne erachtet, muß ich mich doch gegen die Annahme aussprechen, auf Gott bauend, der Niemand, am wenigsten den Redlichen verläßt. Bedenken sie die schwankende Lage der Schweitz, und der erst neu geschaffenen Regierungen selbst, wie leicht kann die Gegenparthei wieder obsiegen? und dann fallen sie als deren Anhänger mit, denn nirgend ist mehr Leidenschaften als in Republiken; ich kenne die Schweitzer. Und dann ist der Canton St. Gallen einer der Liberalsten der Schweitz; mich dauerte noch mehr ihr moralisches Wohl, wenn sie sich in diesen Haufen Ultra-Liberaler werfen, und am Ende selbst ein solcher umso mehr werden könnten, da sie sich nicht bergen könnten, daß sie in mir und anderen doch schon etwas gegen den Liberalismus hinneigen. Ihr Umgang wird und muß meist mit Altrus und Protestanten seyn — was wird bei dem Mangel guter Geistlicher und deren Umgang mit ihren religiösen Gesinnungen werden,