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II. In der Schweiz (1832 bis 1840)
Jedenfalls im Aufträge und mit Unterstützung der Handelskammer Zürich unternahm Negrelli im Sommer 1836 eine Reise zum Studium des Eisenbahnwesens in Frankreich, England und Belgien. Über diese Reise berichtet er in einem kleinen Buche, das er seinen Freunden gewidmet hat. 46 )
Es erinnert an das Tagebuch über seinen Aufenthalt in Wien . . hier wie dort tritt das persönliche Empfinden in den Vordergrund; es ist die Grundlage, es ist der Maßstab jedes Urteils; hier wie dort das rege Interesse für Alles, was ihn umgibt, für Land und Leute, für Politik und Wissenschaft, für Theater und Kunst; freilich ein Zeitraum von mehr als zehn Jahren liegt zwischen Wien und Paris, das den Mittelpunkt seiner diesmaligen Reise bildet, und in diesen zehn Jahren ist Negrelli ein reifer Mann geworden; er urteilt leidenschaftsloser; seine religiösen und politischen Anschauungen, damals noch jugendlich verworren, haben sich geklärt und an der Spitze allen Interesses stehen die Fragen seines Berufes.
Die Reise geht von Genf aus über Lyon, durch das Bourbonnais, über Fontainebleau, Melun nach Paris; von hier nach Rouen und Havre; in Southampton betritt er englischen Boden; London, Birmingham, Liverpool, Manchester werden besucht; die Heimfahrt erfolgt über Ostende, Brüssel, Mecheln, Gent, Lüttich und Köln durch das Rheintal. Die Schilderungen über die Gestaltung und Entwicklung der größeren Städte, über ihre öffentlichen Einrichtungen, über das Tun und Treiben der Einwohner entbehren heute nicht eines besonderen geschichtlichen Interesses — aus jenen Verhältnissen ist ja doch die Gegenwart herausgewachsen und man begegnet ihren Spuren schon in mehrfacher Beziehung. Aber nicht minder beachtens-