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II. In der Schweiz (1832 bis 1840)
vermögend, diese Ermattung in lodernde Flamme zu verwandeln.“ Der König sollte bestrebt sein, diesen versunkenen moralischen Zustand zu heben: „durch die Schenkung von Bildern, Paramenten oder anderen Kleinigkeiten, die von ihm selbst oder von Madame Adelaide an irgend eine Kirche auf dem Lande gespendet werden, kann er diesen Zweck sicher nicht erreichen!“ Übrigens beneidet er nicht das Los dieses „ersten Bürgers von Frankreich“, über dessen Freiheit er in der Tat sonderbare Begriffe bekommen hat, denn überall ist er von Militär und verkleideten Polizeiagenten überwacht. Negrelli hat auch nie den „merkwürdigen Herrscher“ gesehen — nur die Königin und Madame Adelaide und er bedauert, der einzige gewesen zu sein, der vor ihnen den Hut abnahm; „so ritterlich ist man jetzt in Paris gegen Frauen.“
Die Theater in Paris befriedigen Negrelli nicht. In der großen Oper gedenkt er der Scala in Mailand und im Théâtre Français, dem National-Theater, wo er Molières „L’école des Femmes“ und Boissys „Les dehors trompeurs“ sieht, vermißt er „jenes Zusammengreifen, welches das Burgtheater in Wien im stillen so sehr auszeichnet.“ Er betont die Herrschaft des Parterres, das von ganzen Schwärmen junger Barettmänner bevölkert ist, und rügt die ekelhafte Mäklerei mit Theaterbillets an der Türe, die von dem gleichen Lärme begleitet ist, wie der Handel mit spanischen Staatspapieren an der Börse.
Köstlich schildert Negrelli das Hafenleben in Havre, wo acht bis zehn Dampfschiffe sich den Rang abzujagen trachten, um Segelschiffe zu rekognoszieren, ihnen die Nachrichten aus Nordamerika abzunehmen und der harrenden Menge von Spekulanten