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III. In Österreich (1840 bis 1848)
tut es mehr als je not, sehr fleißig und tätig zu seyn! Wer leben will, muß sich selbst helfen! Jeder muß redlich sich bemühen, ein Fortkommen selbst zu begründen — und der Müßige geht bald zu Qrund, weil jetzt keine Protektion mehr helfen kann.“
Lotti fühlt sich in Brünn sehr einsam — sie klagt über das teuere Leben im Qasthause und meint ironisch, ob sie die Rechnung nicht der Wiener Universität zur Berichtigung einsenden soll ... Wien ist ihr ein fataler, häßlicher Ort; sie bedauert ihren lieben Louis, daß er an einer solchen Stelle sich aufhalten muß; sie begreift nicht die unerhörte Nachgiebigkeit der Minister; ihren Ferdinand führt sie an seinem ersten Namenstag in die Kirche, um ihn ganz dem Schutze Gottes zu empfehlen. „Wenn er nur recht brav und fromm wird — mehr verlange ich nicht, denn irdische Glücksgüter sind nicht im Stande, so glücklich und zufrieden zu machen, wie ich es unseren Kindern wünsche . . .“ Und nach dem Kirchenbesuche macht sie ihm einen Strohhut zum „Cadeau“.
Das neue Ministerium der öffentlichen Arbeiten hat auch das Eisenbahnwesen zu verwalten. Von den Männern, die als Chef dieses Ressorts in Betracht kamen, scheint Negrelli dem Minister Baumgartner am geeignetsten. Fransesconi war der geborene Herrscher; in der bewegten Zeit mit den mächtig auf einander stoßenden Gegensätzen waren solche Charaktere nicht für das Regieren geschaffen; Ghega war Fachmann durch und durch; er ging auf in seiner Bautätigkeit; er scheute die Öffentlichkeit — er hatte es sogar abgelehnt, als Experte im Auslande zu fungieren; Negrelli war vielseitig tätig gewesen; ihn zeichnete ein großer Weitblick aus; er besaß eine be-