4 . Im Ministerium für öffentliche Bauteu
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Und in einem Briefe an seinen lieben, teuern Freund Kubly, in dem er auch geradezu klassisch humorvoll die politischen Verhältnisse in Österreich schildert, betont er: Ich bin ein Tiroler, rein dynastisch
— gerne constitutionell frey, weil man da seinen Kaiser noch mehr lieben kann — bin für gesetzliche Ordnung
— fühle tief für das wahre Wohl aller Klassen unserer Mitbürger — und möchte mit meinem Herzblut jeder neuen Störung der Ordnung Vorbeugen — weil allemal Tausende mehr brotlos werden, das öffentliche Vertrauen immer mehr und mehr sinkt — Handel und Gewerbe stocken . .
In Wien wird es ruhiger; Negrelli holt seine Familie heim — sie wohnt in Nußdorf. Am 13. August kehrt der Kaiser mit Gemahlin, begleitet von Erzherzog Franz Karl und dessen Sohn Franz Josef nach Wien zurück. Lotti und Kinder wohnen dem festlichen Einzug bei; der Kaiser landet in Nußdorf, fährt — wie Negrelli seiner Frau am Morgen schreibt — „als ächter Christ in die Stefanskirche, wo ein Tedeum angeordnet ist“, und dann nach Schönbrunn. „Wien ist wieder ganz kaiserlich.“ Aber schon bei der Revue am 19. August zeigt es sich, wie mächtig es noch überall gährt — die Studenten ziehen mit abgewandtem Gesichte, unter den Klängen des Fuchsliedes am Kaiser vorüber; zwei Tage später revoltieren die Arbeiter, empört über die vom Minister der öffentlichen Arbeiten „im Interesse der fleissigen und tätigen Arbeiten“ verfügte Herabsetzung des Taglohnes um 5 Kreuzer für Weiber und Personen unter fünfzehn Jahren; die Revolte erreicht am 23. August ihren Höhepunkt; die Arbeiter tragen eine Puppe durch die Stadt, die die Maske des demokratischen Arbeitsministers zeigt! „Die Regierung greift energisch ein, — der Sicher-