Republiken, in specie wie ein Land volkreich und nahrhaft zu machen und in eine rechte Societatem civilem zu bringen» sein später als «Commercientractat» vielgenanntes und wiederholt aufgelegtes cameralistisches Hauptwerk.

Mit vielem Verständnisse betrieb Becher die Hebung des Handels. Es «hilft einem Lande», führte er aus, «wenn einige Güter in die Fremde geführt, allda versilbert und das Geld aus der Fremde ins Land gebracht wird, denn also wird ein Land geldreich und kommt Nahrung unter die Unterthanen; wo aber Geld und Nahrung leicht zu haben ist, da laufen von allen Orten Menschen hinzu, und also wird ein Land auch volk- und geldreich, welches denn der scopus oder maxima Status aller Länder.»

Als besonders geeignet für die Ausfuhr aus Oesterreich bezeichnete er Leder, wollene und leinene Tücher, Safran, Kupfer, Quecksilber, Eisen und Stahl, vor Allem aber Wein. Und noch im Jahre 1671 wurde die erste Probe auf diese Behauptung durchgeführt.

Im selben Jahre (12. Januar) approbirte Leopold I. die von Becher entworfene, von der niederösterreichischen Regierung «eingerathene» Errichtung eines Zwangsarbeitshauses oder «Zuchthauses» in Wien, mit dem Versprechen, «zur Fortsetzung dieses heilsamen Werkes einiges Subsidium zu leisten.» In dieses Zuchthaus sollten «nicht allein das herrenlose und starke Bettlergesinde, sondern auch die trutzigen Dienstboten männ- und weiblichen Geschlechts, desgleichen die unbändigen Handwerksburschen neben anderem schlimmen Gesindel, in specie aber die leichtfertigen Weibspersonen, wie auch derselben Kupplerinnen» gebracht, «dabei aber dahin gesehen werden, dass allein die Schuldigen, deren Unthat offenbar, und zwar bei An­fang dieses Werkes und noch nicht vorhandenen genügsamen Mitteln, mehrentheils solche Leute, welche mit ihrer Arbeit sich selbst gutentheils ernähren können, mit dieser Strafe belegt werden mögen.» Ueberhaupt sollen alle «in das Zuchthaus genommenen Leute zu allerhand Arbeit auf das Strengste angehalten» werden. 1 )

Im nächstfolgenden Jahre kam auf Antrag der Stände Oberösterreichs ein «Manufactur- haus» zu Stande, das als förmliche Fabriksanlage für dieses Land eine nachhaltige Bedeutung gewinnen sollte. Mit kaiserlicher Entschliessung vom ii.März 1672 wurde dem Rathsbürger und Handelsmann in Linz, Christian Sind, das Privilegium zur Etablirung einer Fabrik verliehen «behufs Fabricirung der auf engel- und holländische Art gemachten feinen Tuche, Cronrasch, Scodi, Cadis, Scharschett und anderer ganzwollener Zeuge.» Bald war die Linzer Wollenzeugmanufactur eine Berühmtheit, nicht nur in Oberösterreich. Sie ging mit Patent vom 14. Mai 1682 auf des Begründers Tochtermann, Mathias Kolb, über.

Schon 1674 (20. September) hatte Leopold I. zu fernerem Schutze der einheimischen Industrie ein «Warnungspatent» erlassen gegen die Einfuhr «aller und jeder fran­zösischer Waaren, sie mögen Namen haben, wie sie wollen»; die Warnung musste 1688 erneuert werden.

Wie weit bei alledem J. J. Becher betheiligt war, ist nicht sicherzustellen; wahrscheinlich stand der Urheber des Wiener Arbeitshauses auch hier nicht ferne. Das Arbeitshaus war aber nur die erste Stufe zu einem grösseren und ungleich höhergestellten Gebäude, das Becher vor Augen hatte. Wie das Zuchthaus dem Ueberflusse an arbeitsscheuen Individuen, so sollte ein zweites Unternehmen dem herrschenden Mangel an Arbeitsgelegenheit, zunächst in der volkreichsten, «nahrhaftesten» Gemeinde des Reiches, der Haupt- und Residenzstadt, abhelfen: das kaiserliche Kunst- und Werkhaus oder Manufacturhaus. 2 )

p Codex Austriacus, II, 545t.

2 ) Dr. Hans J. Hatschek, Das Manufacturhaus auf dem Tabor in Wien (Leipzig 1886).

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