In Prag, wo seit Jahrzehnten der Industrielle Hergott den Kattun- und Leinwand­druck mit Oelfarben betrieb, gieng man nunmehr zum eigentlichen Kattundruck über und er­hoben sich binnen kurzer Zeit mehrere solche Fabriken. In Warnsdorf und im Gebiete von Eg er und Asch mehrte sich die Zahl der Baumwollmanufacturisten von Jahr zu Jahr. Alle diese Concurrenten aber fanden ihren Meister, seitdem Johann Joseph Leitenberger (geb. 1730, gest. 1802), Inhaber einer Färberei in Wernstadt bei Auscha, der gelehrigste Schüler Joh. Heinrich Schüles in Augsburg, des «glänzenden Sternes am Horizonte dieses Industriezweiges», sich ebenfalls der Druckerei zuwandte, um später von Wernstadt aus in Neu-Reichstadt eine zweite grosse Fabriksanlage zu begründen, dann aber die von Josefs- thal-Cosmanos, die Graf Bolza nicht zu halten vermochte, erwarb und zur Blüthe brachte.

Auch in Wien gedachte man bei Zeiten, dem Rescript vom 15. December 1761 nach­zukommen. Hier war es einer der grössten, umsichtigsten und erfolgreichsten Unternehmer seiner Zeit, der voranging. Johann Fries, in Mühlhausen im Sundgau 1719 geboren, stand schon im Jahre 1748 in Diensten Maria Theresias und erhielt nach dem Friedensschlüsse von Aachen die Mission, in London eine ansehnliche Summe Geldes zu erheben und nach Wien zu geleiten. Dort liess er sich, von der Kaiserin «in mildester Rücksicht seiner für das Auf­nehmen der hierländigen Handelschaft bezeugten redlichen Gesinnung» zum Commerzienrath ernannt, 1752 als «Niederlagsverwandter» bleibend nieder. In demselben Jahre erwarb er ein Privilegium protectorium zur Errichtung einer Fabrik für Barchent-, sowie halb- und ganz­wollene Zeuge auf den Herrschaften Fried au und Rabenstein in Niederösterreich, Artikel, welche die Orientalische Compagnie nicht erzeugte. Gleichzeitig übertrug ihm Graf Chotek die Direction der kaiserlichen Seidenmanufacturen, die er bis zu ihrer Aufhebung gratis führte; ebenfalls noch im Jahre 1752 übernahm er von der Regierung den Thalerhandel, aus dem er der Commerzcasse bedeutende Erträgnisse zuführte. Bald darauf errichtete er eine Fabrik für Sammt- und Seidenwaaren, eine Halbrasch- und Halbcastorfabrik in Niederösterreich und bürgerte die Fabrication Nürnberger Messinggusswaaren ein. 1 ) In Anerkennung seiner ausser­ordentlichen Verdienste erhob ihn Maria Theresia im Jahre 1757 in den Ritterstand, schon 1762 aber in den Freiherrnstand.

Die Firma Fries & Co., deren ergiebigste Quelle ein schwunghaft betriebenes Bank­geschäft bildete, war durch ein Menschenalter die Seele fast aller hier nicht zu zählenden kaufmännischen und industriellen Schöpfungen, die von Wien ausgingen. So war denn auch sie es, auf deren Betreiben Baron Joh. Georg von Grpchtler die Friedauer Barchent­fabrik in eine Kattundruckerei umwandelte, zu deren Leitung kein Geringerer als der schon genannte und rühmlichst bekannte reichsdeutsche Industrielle Joh. Heinriph Schüle aus Augs­burg berufen wurde. So liess sich auch Baron Konrad von Neffzern zur Einrichtung einer Druckerei, sowie einer Boy- und Kotzenfabrik in Heraletz und Humpoletz (Böhmen) be­wegen. Die Gründungen der «k. k. privilegirten Zitz- und Kattunfabriken» zu Kettenhof, Ebreichsdorf und St. Pölten folgten rasch nach einander.

An Stelle des Systems der Privilegien setzte Maria Theresia das der Prämien und E i n f u h rverbote. 2 ) Gewerbsunternehmungen wurden künftig unter gewissen Bedingungen vom Staate subventionirt, insbesondere wenn es sich um Einführung noch nicht vorhandener Industrialien handelte. Die Commerzialcassen bekamen reichliche Arbeit. Während des dritten

9 Adolf Beer, Studien etc., S. 105 f. Vgl. August Graf Fries, «Die Grafen von Fries», eine werthvolle Monographie.

2 ) Ad. Beer a. a. O., S. 7, 67h u. ioif.

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