inbegriffen, welche binnen dreier Jahre von dem Tage der Publication in eine Fabrik oder öffentliche Spinnschule zur Erlernung der Flachs-, Flanf-, Baumwoll- und Wollspinnerei ein­gestellt werden, durch vier Wochen zwei Kreuzer täglich aus der Commerzialcasse und, wenn sie die Fähigkeit vor dieser Zeit erlangen würden, den auf vier Wochen entfallenden Betrag als Prämie erhalten.»

Im selben Monate wurde die erste Spinnschule in Böhmen, in Zwikowetz eröffnet, welche sich derart erprobte, dass schon im nächsten Jahre in den Orten Zbirow und Kozlan ihr zwei Filialen angereiht werden konnten. Sie blieben nicht vereinzelt. Das Spinnpatent vom 7. November 1765 war vorzugsweise der Ermunterung zu weiteren Gründungen nach dieser Richtung gewidmet. Durch Patent vom 1. September 1766 wurde in Niederösterreich eine Art Schulzwang eingeführt. «Nicht den Eltern, welche die Kinder der Schule zu entziehen trachten, sondern den Obrigkeiten, Magistraten und Commerzialbeamten sollte die Entscheidung überlassen bleiben, ob und welche Kinder für die Hausarbeit entbehrlich seien; die Eltern sollen in angemessene Strafen verfallen, die über geschehene Erinnerung die Kinder nicht zur Schule schicken.» Dem Allen entsprach die Gründung einer «Real-Handelsakademie» (1770) in Wien nach dem Vorschläge des badischen Schulmannes J. G. Wolf.

Die Gesinnung, die solche Verfügungen athmen, lässt es als begreiflich erscheinen, dass nunmehr auch die Zeit herangekommen schien, in welcher der auf Oesterreich lastende con- fessionelle Zwang gebrochen werden sollte. Maria Theresia befreundete sich mehr und mehr mit der Zulassung von Lutheranern in ihre Erblande, die, wie bemerkt wurde, bereits ihr Vater angebahnt hatte. Die böhmischen Stände waren es in erster Reihe, die sich dagegen stemmten und auf die «Schädlichkeit der Religionsvermischung» hinwiesen, nicht ohne sich dabei auf «die alte, von der Kaiserin eidlich bestätigte Landesverfassung» zu berufen. Graf Bolza, der zur Besserung seiner Wirthschaftsverhältnisse in Cosmanos einen erprobten «akatholischen» Fachmann aus dem Auslande hatte kommen lassen, wurde trotz wiederholter Vorstellung gezwungen, denselben wieder «abzuschaffen», obgleich sich derselbe nach kurzer Verwendung vollkommen erprobt hatte. So geschehen im Jahre 1761. Es darf nicht Wunder nehmen, dass, als die Kaiserin durch die Vorstellungen der böhmischen Stände in ihrer toleranten Auffassung sich nicht beirren liess, die böhmische Geistlichkeit ihre Stimme erhob und der Erzbischof von Prag entschieden geltend zu machen suchte, dass «freie Religions- übungf sre^en die fundamentalen Grundsätze des Königreiches verstosse.» Die Monarchin ver- harrte auf dem eingeschlagenen Wege; die Wohlfahrt ihrer Länder war für sie das Entscheidende.

Die erste Theilung Polens (1772) vergrösserte den Umfang Oesterreichs um das Königreich Galizien und Lodomerien; drei Jahre später kam bekanntlich durch einen Vertrasf mit der Türkei der Besitz der Bukowina hinzu. Auf die industriellen Verhältnisse

o

des Reiches übten diese Ereignisse vorerst keine nennenswerthe Wirkung. Die Salzwerke von Wieliczka und Bochnia so viel wie möglich dem Staate nutzbar zu machen, mussten kost­spielige Strassenbauten und sonstige grössere Investitionen vorgenommen werden. Mit vielem Aufwande liess es sich Maria Theresia ebenso angelegen sein, die Spinnerei und Weberei in jene Länder einzuführen. 1 ) Die Firma Fries & Co. versuchte auch dort ihr Glück und er­richtete mit 100.000 fl. die Fabriksstadt Ederov.

Um jene Zeit war es, dass noch ein anderes Kronland der Industrie erobert wurde: Vorarlberg. Bereits 1753 Hessen vereinzelte Schweizer Firmen auf ihre Rechnung Sticke-

p J. M. Schweighofer, a. a. O., S. 63.

Die Gross-Industrie. I.

3

33