Alle diese Bemühungen führten zwar nicht zum Ziele, können aber doch nicht als völlig unnütz bezeichnet werden. Das industrielle Genie eines Johann Joseph Leitenberger wusste die Nutzanwendung zu finden und setzte in Wernstadt, der erste Oesterreicher, eine véritable englische Baumwollspinnmaschine in dauernden Betrieb; der Bann war gebrochen: das «Maschinen alt er» war auch für Oesterreich gekommen.

Auch einer Colonialpolitik war Joseph II. grundsätzlich nicht abgeneigt. Wilhelm Bolts, der kühne Reisende und Colonisator, fand auch bei ihm Entgegenkommen. Nach dessen Rückkehr von Bengalen erklärte sich der Kaiser bereit, eine zweite Expedition nach den asiatischen Gewässern unter gewissen Bedingungen zu unterstützen. Bolts gelang es, schon am 9. August 1781 im Vereine mit Pietro Proli und Anderen (auch Graf Fries war be­theiligt) eine neue Handelsgesellschaft mit einem Actiencapital von zwei Millionen Gulden zu bilden («Société Impériale asiatique de Trieste»), der Bolts sein Privilegium vom 5. Juni 1775 abtrat.

Ihre weiteren Schicksale sind derzeit noch nicht völlig aufgeklärt. Fünf grosse Schiffe der Gesellschaft, hören wir, liefen im Jahre 1784 den Hafen von Antwerpen an, und es steht fest, dass die jüngste Expedition Bolts sich keineswegs als unfruchtbar erwies.

Oesterreichs Handel nach Ostindien nahm einen ersten Anlauf, der, von den Späteren conséquent und energisch erfolgt, ihm in den fernsten transmarinen Ländern eine Position hätte verschaffen müssen, die heute so unerschütterlich wäre wie jene irgend einer europäischen See­macht ersten Ranges. Der nordamerikanische Freiheitskrieg, der England, Frankreich, Holland und die übrigen Seemächte vollauf beschäftigte, war den gleichzeitigen überseeischen Unter­nehmungen Oesterreichs günstig.

Bereits im Jahre 1783 besass Oesterreich nicht weniger als zwölf Ostindienfahrer; die Schiffe führten die Namen: «Joseph und Theresia», «Kaunitz der Grosse» und «Kaunitz der Kleine», «Kolowrat», «Baron Binder», «Belgioso», «Maximilian», «Stadt Wien», «Der Ungar», «Der Croat», «Graf Neni». Die Namen zeigen, dass die Betheiligung eine vielseitige genannt werden durfte. Eben im Jahre 1783 traf es sich jedoch, dass drei dieser Schiffe, der «Belgioso», der «Maximilian» und «Kaunitz der Kleine», welche sämmtlich sehr reiche Ladung führten, im Sturme verunglückten.

Das Unglück aber schreckte nicht ab. Ein Zeitgenosse versichert: «Auffallend ist der Eindruck, den diese unangenehmen Vorfälle auf die Gemüther der Nation machten ; weit ent­fernt, den Muth derselben herabzustimmen, veranlasste es vielmehr eine stärkere Theilnahme an der Seehandlung.» Das wird erklärlich, wenn derselbe Gewährsmann (1785) mit ziffer- nrässiger Bestimmtheit versichert: «In dem Raume von wenig Jahren hat Oesterreich für acht Millionen Waaren auf eigenen Schiffen nach Ostindien verführt und für mehr als vier­zehn Millionen daher bezogen. . . .» *)

Es unterliegt keinem Zweifel, dass der gänzlich unerwartete Friedensschluss zwischen England, den Vereinigten Staaten, Frankreich und Spanien, dem der mit Holland alsbald folgte (1784), die Bestrebungen der Triester Asiatischen Gesellschaft tief erschütterte. Erfahren wir doch, «dass im Jahre 1784 die ersten Compagnien in der Welt, nämlich die englischen und holländischen Indischen Compagnien, zu gleicher Zeit ihrem Verfalle nahe waren und sicherlich gestürzt sein würden, wenn sie nicht so thätig wären unterstützt worden.»

r ) J. M. Schweighofer, a. a. O., S. 364 f., 374. Man vergleiche auch daselbst, S. 411 f., das Capitel «\ r on den Pflanzörtern und Factoreien der Oesterreicher in Ostindien.»

Die Gross-Industrie. I.

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