Die Errichtung einer technischen Hochschule in Wien ward vorbereitet (zu Stande kam sie aller­dings erst später). Gleichzeitig mehrte sich der Handel. Schon damals gieng Schafwolle nach Frankreich, und österreichische Fabricate traf man in Constantinopel, Smyrna und Cadix.

Man hat angemerkt, dass vor hundert Jahren an Glaswaaren aus Böhmen 3 Millionen, an Leinwand bis zu 7 Millionen Gulden ausgeführt wurden, und allein im October 1784 be­stellten Constantinopeler Kaufleute für 2 Millionen Gulden mährische Tücher. In der Steier­mark arbeiteten 200, in Kärnten 90, in den Erzherzogthümern 100 Eisenhämmer und brachten Leben in die entlegensten Alpenthäler. Die Ausfuhr von Getreide aus der Monarchie mag schon damals 3oo.ooo500.000 Metercentner betragen haben, und sie stieg im Jahre 1771,' einem Jahre der Misernte für das westliche Europa, auf Vj 2 Millionen, welche theils über die adriatischen Häfen, theils auf der Weichsel nach der Ostsee und weiter nach England, theils endlich auf der Donau abflossen. Das Fahrwasser der Donau ward an den schlimmsten Stellen gebessert, und wenn des Donau-Oder-Canales schon im Jahre 1735 als eines alten Projectes, das «nicht rutschen will», Erwähnung geschieht, 1 ) so ward unter Kaiser Joseph der Canal von Wien nach Neustadt erbaut (1772) und das grosse Project einer Wasserverbindung von der Donau und Save durch die Kulpa nach dem adriatischen Meere entworfen. Kaiser Joseph baute auch die Kaiserstrassen Schlesische GrenzeLemberg, BukowinaMoldauer Grenze und Karl­stadtCapeliagebirgeZengg. Verschiedene Handelsgesellschaften sollten dem Aussenhandel dienen. Die Hauptziele waren das Mittelmeer, besonders die Levante und Ostindien. Inner­halb weniger Jahre erreichte die Ausfuhr nach Ostindien den Werth von 8 Millionen Gulden also mehr wie heute. Im Jahre 1783 besass Oesterreich 15 Ostindienfahrer. Das Schwarze Meer, in welchem lange Zeit hindurch die Türken keinen Handel duldeten, ward von Russ­land und Oesterreich für ihre Schiffahrt geöffnet, während der Zugang für englische und franzö­sische Schiffe durch die Dardanellen noch verschlossen blieb. In den österreichischen Nieder­landen stieg der Seeverkehr in so rascher Weise, dass man an die moderne Entwicklung von Hamburg gemahnt wird. Im Jahre 1772 liefen in Ostende 383 Schiffe ein, im Jahre 1782 aber 2636! Man sieht die Pläne Karls V. wieder auferstehen. Damals wurde beabsichtigt, den nor­dischen Handel mit dem mittelländischen und ostindischen in Verbindung zu bringen. Joseph II. stellte auch schon die auswärtige Politik in entschiedener Weise in den Dienst der wirthschaftlichen Interessen des Reiches. Im Jahre 1784 verpflichtete sich die Pforte zur Entschädigung für jeden von den Barbaresken an österreichischen Schiffen verübten Seeraub. Haider Ali, Sultan von Maisur, der Eroberer Calcuttas und gefährliche Gegner der englischen «Ostindischen Compagnie», welche damals noch lange nicht ganz Indien besass, übergab dem Kaiser Joseph an der Küste von Malabar die Insel Balliapatnam und einen beträchtlichen Strich auf dem Festlande als Geschenk. An beiden Orten wurden österreichische Factoreien errichtet. Im Jahre 1778 ergriff Oesterreich Besitz von der Inselgruppe der Nicobaren mit etwa 2000 Quadratmeilen, sowie von dem nördlichen Theile von Sumatra. Ja sogar in Afrika zeigte sich der Doppeladler, indem die in neuester Zeit so berühmt gewordene und vielbegehrte Delagoabai in Ostafrika besetzt wurde. Auf einer Insel gegenüber der Mündung des Heiligengeistflusses wurde eine Nieder­lassung gegründet. 2 ) Jene Bai bildet bekanntlich den Hafen des in neuester Zeit so gewaltig in die Höhe strebenden Transvaal und darf daher als eine der werthvollsten Oertlichkeiten in ganz Afrika bezeichnet werden.

r ) In dem merkwürdigen Buche von F. W. von Horneck, «Oesterreich über Alles, wenn es nur will». Frankfurt a. M. 1735.

2 ) J. M. Schweighofer, Kommerz der österreichischen Staaten, Wien 1785, S. 414, 418 fg.

Die Gross-Industrie. 1. 7

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