dem Frieden von 1815 gegen die während des Franzosenkrieges mit Dampfmaschinen aus­gerüsteten Fabriken Grossbritanniens zu bestehen hatten, wird nunmehr deutlich. Erst als das Capital sich der Sache annahm und auch bei uns mechanische Webereien und Spinnereien entstanden, ward der Kampf zum Stehen gebracht, konnte im Inland die Arbeit wieder auf- athmen. Indem das Capital an die Seite der Handarbeit trat, ward die letztere gerettet, wo­gegen sie allerdings einen Theil ihrer früheren Selbstständigkeit opfern musste.

Sie ward aber auch und diese Entwicklung ist noch lange nicht abgeschlossen auf eine höhere Stufe gehoben. Statt des eigenen Hebens, Ziehens, Stossens, Drehens wird die E T eberwachung und Leitung der Maschine die eigentliche Aufgabe der menschlichen Arbeit. Da indess die Betriebsweise in den verschiedenen Gewerben eine sehr verschiedene ist, und da die Gewaltarbeit, wie die Maschine sie in der Regel vollzieht, durchaus nicht in allen Gewerben nothwendig oder auch nur verwendbar ist, so bleibt für die menschliche Arbeit noch ein fast unendlicher Spielraum übrig.

Man feiert heutzutage das Handwerk der alten Zeit als den goldenen Boden des Mittel­standes. Bis zu einem gewissen Punkte mit Recht, denn die Zunft war die Organisation des Gewerbes ohne Dampfkraft und Naturwissenschaften. Aber auch innerhalb der Zunft gab es Starke und Schwache, Grosse und Kleine, und wenn die Zunftgesetze eine gewisse Gleich­heit zu erzwingen suchten, geschah es naturgemäss auf Kosten der Entwicklung des Gewerbes. Und würde etwa unsere Zeit auch nur Einen Tag ertragen jene streng vorgeschriebene und oft ein Jahrhundert lang kaum geänderte Zahl der Betriebe, der Gesellen und Lehrlinge, der Hilfswerkzeuge und der erzeugten Waaren? Und würde unsere Zeit die Einschränkungen der Bevölkerungszunahme mit ihren grausamen Folgen dulden? Endlich: als die Fabricate der fremden Länder an unsere Pforten klopften, hatten wir denn da noch eine Wahl? Kein Zoll wäre hoch genug gewesen, um die wohlfeile, mit Dampf kraft erzeugte Fremdwaare fern­zuhalten und den Markt für die Erzeugnisse der einheimischen Zünfte zu behaupten. Nicht zu früh, sondern zu spät, nämlich durch die Kriege und darnach folgende Zeit der Armuth ver­spätet, gelangte Oesterreich in den Besitz des stärksten Hebels der Neuzeit, und gerade, dass

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dies zu spät geschah, ist, in Verbindung mit Anderem, die Hauptursache für den Vorsprung der Anderen und für das Schutzbedürfniss des Inlands.

War demnach die grosse Umwälzung, der Uebergang vieler Zweige vom Handwerk zur Fabrik, nicht abzuhalten, so muss doch zugestanden werden, dass dieser Uebergang bei uns unvermittelt, unvorbereitet und ohne Rath und hilfreiche That für die Betroffenen erfolgt ist. Heute erkennen wir klar, was hätte geschehen sollen: rechtzeitige Belehrung über das Kom­mende, Einfluss auf die Berufswahl, bessere kaufmännische und technische Ausbildung in Schule und Lehrwerkstätte, überhaupt eine wohlwollende Gewerbeförderung, wie sie Württemberg unter v. Steinbeis durchgeführt hat. Selbst heute noch bleibt in Bezug auf Genossen­schaftswesen, Credit und Orientirung des Nachwuchses über die vom Gang der Technik und Industrie bedingte Lage des Arbeitsmarktes Manches zu Gunsten der Kleingewerbetreibenden zu thun übrig.

Das Meiste freilich, um die Wunden, die sie schlug, auch zu heilen, hat die Gross- Industrie selbst gethan, indem sie den Gewerbetreibenden und ihrem Nachwuchse ein ungemesse­nes Feld der Thätigkeit und des Verdienstes eröffnet hat. In den Fabriken eines einzigen Kron- landes sind jetzt beispielsweise mehr Schlosser thätig, als einst in allen städtischen Zünften der Monarchie zusammengenommen. Wie viele Kräfte wurden ferner von den Eisenbahnen mit ihren Arbeitswerkstätten aufgenommen! Dazu die Pferdebahnen, die Post, der Telegraph,