Geld. In Oesterreich war es, wo auf ein für Kriegszwecke errichtetes Gebäude die schönen Worte geschrieben wurden: «Lart de vaincre serait perdue sans hart de subsister.» Schwere Erfahrungen hatten zu diesen Aussprüchen geführt. In Oesterreich sind weit mehr Kriege ver­loren gegangen durch Schuld der Finanzen als der Heere und Heerführer. Schon im dreissig-

jährigen Kriege hören wir den Bericht: «Mit nicht mehr als 9000 Gulden in der Kriegscasse

zog der kaiserliche Obercommandant ins Feld, das Schicksal des deutschen Kaiserreiches, ja der katholischen Welt zu entscheiden.» Wallenstein sagte damals: «Der Kaiser hat nicht die Mittel, um Krieg zu führen, und dies Wesen ohne Geld kann keinen Bestand haben.»

Daher denn die lange Dauer des Krieges, die Plünderungen der Soldaten, die Unbotmässig-

keit des Heerführers, dem man die Sorge für die Finanzen überlassen musste. Die Briefe des Prinzen Eugen, Starhembergs und Fudwigs von Baden sind mit Klagen über diese Mängel erfüllt. Während der Kriege mit Fudwig XIV. wird in den Frankfurter Relationen jeder beim Heere eingetroffenen Geldsendung als einer sehr bemerkenswerthen Sache Erwähnung gethan. «Wenn Oesterreich durch 15.000 Gulden gerettet werden könnte, man wüsste sie nicht auf­zubringen,» schrieb Prinz Eugen. 1 ) Ein andermal berichtet der Prinz, dass schon Officiere aus Noth und Armuth umgekommen seien. 2 ) Die Couriere konnten nicht bezahlt werden. Unter Kaiser Leopold wäre nach der Schlacht bei Zenta (1697) ganz Ungarn den Türken entrissen worden, wenn es den Siegern nicht an Schiessbedarf, Lebensmitteln und Geld gefehlt hätte. Im spanischen Erbfolgekriege brachte Oesterreich gegen Catinats 80.000 Franzosen aus Geld­mangel nur 28.000 Mann unter Waffen. Der Staat zahlte damals 18, 20, ja 24 Procent für kurze Darlehen. Die österreichischen Officiere und Soldaten, von Eugen geführt, wären schon mit den französischen fertig geworden, aber das österreichische Budget von höchstens 12 Millio­nen Gulden (im Jahre 1701) ward von dem durch Colberts Industriepflege hergestellten fran­zösischen Budget von 66 Millionen Gulden geschlagen. Aus finanziellen Gründen hatte der Krieg nicht den guten Ausgang, den die Erfolge im Felde versprochen hatten, und die geld­besitzenden Seemächte, England und Holland, trugen das Beste davon.

Noch mitten im siebenjährigen Kriege musste Maria Theresia 20.000 Soldaten und 500 Officiere aus Mangel an Mitteln entlassen; einen Theil derselben warb Friedrich II. an, und Oesterreich hatte also doppelt zu leiden. Und wem wäre es unbekannt, dass das Fehlen einer Eisenbahn durch das Pusterthal noch auf den Krieg von 1859 einen unheilvollen Ein­fluss übte?

Von Jahrzehnt zu Jahrzehnt hat sich Oesterreich aus dieser finanziellen Noth und Pein mehr und mehr befreit. Fragt man aber, wieso dies gekommen ist, so muss als wichtigste Hilfe ohneweiters die Industrie genannt werden.

Weil Frankreichs Industrie stärker war als die unsere, waren auch seine Finanzen stärker, und behauptete Frankreich auch im Kriege meistens die Oberhand. Seinen allezeit bedeuten­den Kriegsbedarf versuchte Oesterreich aus wechselnden Quellen zu decken. Kaiser Maximilian stützte sich auf die Bergwerke Tirols, Karl V. nahm, da er gleichzeitig Spanien beherrschte, die Schätze von Mexico und Peru zu Hilfe, später, unter Maria Theresia, leisteten die Nieder­lande werthvolle Beihilfe, öfter spielten auch englische Subventionen eine grosse, wenn auch durchaus nicht heilsame, ja zuweilen verderbliche Rolle. Erst in der neuesten Zeit fliessen die Mittel des Inlands so reichlich, um ein in solchem Umfang und in solcher Ausstattung bisher

J ) Arneth, Prinz Eugen, S. 212.

2 ) Schreiben des Prinzen Eugen vom 18. Juni 1706 im VIII. Bande des Werkes «Die Feldzüge des Prinzen Eugen von Savoyen», herausgegeben von der Abtheilung für Kriegsgeschichte des kaiserlichen Archives. Wien 1882.

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