Verbrauchszunahme der Rohstoffe sind, drängt sich die Frage auf, durch welche Kräfte diese geradezu erstaunliche Entwicklung bewirkt wurde?
In gedrängtester Kürze ist — ich wiederhole meine, in der oben erwähnten Studie angeführten Worte — zu sagen: Sie wurde bewirkt durch die Erkenntnis der Nothwendig- keit der Beseitigung der internationalen, wie der inländischen Verkehrsschranken (der Zolltarif des Jahres i838 enthielt noch 69 Ein- und 10 Ausfuhrverbote!, die Zollschranken gegen Ungarn fielen erst im Jahre 1850!), durch die Erkenntnis der Dringlichkeit der Ausbildung des Communications- und Creditwesens, der Unentbehrlichkeit der strengen Regelung des Staatshaushaltes, als der wesentlichsten Grundlage des öffentlichen Credites, der Noth- wendigkeit des Hereinleitens fremden materiellen und geistigen Capitals durch Eiandelsverträge und politische Institutionen, endlich durch die Erkenntnis der Nothwendigkeit der Entfesslung der heimischen Arbeitskraft und ihrer sorgfältigeren Heranbildung im Wege des Unterrichtes, als den wirksamsten und nachhaltigsten Bedingungen wirthschaftlichen Gedeihens.
Dankt die Industrie dem Zusammenwirken all’ dieser mächtigen Förderungsmittel ein Erstarken, das sie befähigt, wenn auch vorläufig nur in bescheidenem Maasse, wettbewerbend auf dem Weltmärkte aufzutreten, so wird ihre immer kräftigere Entfaltung zum Erklärungsgrunde einer Reihe von Erscheinungen, welche die zweite Hälfte dieses Jahrhunderts, vom culturellen Standpunkte betrachtet, zur inhaltreichsten und folgenschwersten Periode der Geschichte Oesterreichs machen.
Um diesen tiefreichenden, das staatliche und das gesellschaftliche Leben nach allen Richtungen umspannenden Einfluss der Industrie in seinem ganzen Umfange würdigen zu können, bedarf es der Vergegenwärtigung einer Reihe von, aus der Natur derselben sich ergebenden Folgeerscheinungen.
Ist auch das Urtheil über die Wirkungen der Industrie, namentlich über die, auf das sociale Leben Geübten, nach dem Standpunkte des Beurtheilers verschieden, und sind auch manche, durch sie bewirkte Gestaltungen unleugbar bedauerlich, so sehen wir uns doch vor einen sich thatsächlich vollziehenden, unzweifelhaft mehr des Guten in sich schliessenden Process gestellt, den nach einzelnen Richtungen günstiger zu gestalten, Sache der Gesetzgebung, der öffentlichen Verwaltung und der Einsicht der Industriellen ist.
Der Landwirthschaft sind, selbst bei sehr intensivem Betriebe, in Bezug auf das Maass der Productivität ziemlich enge Grenzen gezogen.
Die Industrie dagegen erscheint, dank der stetig vorschreitenden Wissenschaft, in ihrer Productionskraft, selbst auf beschränktem Raume, einer fast unbegrenzten Ausdehnung fähig. Doch dürfte dem, um unrichtigen Folgerungen socialer Natur zu begegnen, beizufügen sein, dass in dem numerisch überwiegenden kleinen Haushalte die Erzeugnisse der Landwirthschaft eine ungleich grössere Bedeutung haben als die Industrieproducte, da die Kosten der ersteren, im grossen Durchschnitte, an 60—65°/ 0 der Gesammtausgaben betragen.
In Folge der Productivität der Industrie (Fähigkeit, die Production quantitativ und qualitativ zu steigern, dem wechselnden Begehr der Consumenten sich rasch anzuschmiegen und, unterstützt von kaufmännischer Tüchtigkeit, ihr Absatzgebiet mehr und mehr zu erweitern) ist es ihr gegenüber der Landwirthschaft ermöglicht, ihre Arbeitskräfte im Allgemeinen besser zu entlohnen, der Leistungsfähigkeit des Arbeiters mehr gerecht zu werden und dessen Interesse an der Arbeit, zum Vortheile beider Theile, zu steigern.
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