Im Jahre 1848 bestand eine einzige von der Kaiserin Maria Theresia 1 770 gestiftete Bergakademie in Schemnitz, welche sich des ausgezeichnetsten Rufes im In- und Auslande erfreute. Durch die in Ungarn ausgebrochene Revolution wurde die zeitweilige Schliessung derselben veranlasst, und wurde noch in demselben Jahre die von den steirischen Ständen gegründete montanistische Lehranstalt zu Leoben in die Staatsverwaltung übernommen und 1849 eine gleiche Anstalt in Przibram gegründet. Bis zum Jahre 1852 wurde der Unterricht in zwei Jahren, im ersten Jahre Bergbau, im zweiten Jahre Hüttenwesen, ertheilt; die Vorstudien der nöthigen Hilfswissenschaften mussten an einer technischen Hochschule absolvirt werden. Schon im Jahre 1852 machte sich die Errichtung von Cursen für diese Vorstudien an der Akademie selbst geltend, und zwar für ein Jahr und vom Jahre 1870 ab für zwei Jahre.

Die Bergakademien Oesterreichs erfreuen sich eines ausgezeichneten Rufes, sowohl im In- als Auslande, und man kann mit Recht behaupten, dass sie es waren, welche durch die vorzügliche theo­retische und praktische Ausbildung der Akademiker, die Entwicklung des österreichischen Bergbau- und Hüttenwesens ermöglichten.

Der Zweck der Bergschulen ist die Ausbildung von Arbeitern und Aufsehern. Während die Berg­schulen von Przibram 1851 und Wieliczka 1861 vom Staate erhalten werden, geniessen die ausschliesslich für den Kohlenbergbau im Jahre 1868 errichteten Bergschulen in Karbitz und Klagenfurt und die 1873 in Mährisch-Ostrau errichtete Bergschule nur staatliche Subventionen und werden durch die Gewerkschaften erhalten. In ähnlicher Weise auch die in Leoben errichtete Berg- und Hüttenschule. Auch diese Schulen haben ihre Aufgabe zur Heranbildung tüchtiger Aufseher und Arbeiter im vollsten Umfange erfüllt.

Der Bergarbeiterschutz. Die Entwicklung des Bergbaues und insbesondere des Kohlenbergbaues hat die NothWendigkeit ergeben, in legislatorischer Beziehung die Bergarbeiter gegenüber den erhöhten Ansprüchen, welche der Arbeitgeber an dieselben stellte, zu schützen.

Während zu Ende des vorigen bis in das letzte Drittel des jetzigen Jahrhunderts im Sinne der liberalen Anschauung über den Begriff der «Bergbaufreiheit» der Staat sich von der intensiven Beauf­sichtigung der Bergarbeit und der Betriebsführung lossagte, den Gewerken also eine grosse Freiheit nach beiden Richtungen einräumte, hat in den letzten 3 o Jahren eben mit der Entwicklung des Bergbaues zur Grossindustrie und der damit in Zusammenhang stehenden Verwendung einer grösseren Menge von Arbeitern eine retrograde Bewegung stattgefunden und der Staat durch Gesetze die Schutzbedürftigkeit des Arbeiters zu regeln begonnen. Oesterreich ist in Bezug auf Arbeiterschutz-Gesetzgebung nicht zurückgeblieben und hat durch seine diesbezüglichen gesetzlichen Vorschriften einen hervorragenden Platz in den Bergbau treibenden Ländern Europas eingenommen.

Was zunächst den Beschäftigungsschutz anlangte, wurde die Arbeit der Frauen und Kinder in den Bergwerken durch die Novelle vom 21. Juni 1884 geregelt. Diesem Gesetze zufolge ist zur Auf­nahme in die Bergarbeit das zurückgelegte 14. Lebensjahr festgesetzt.

Nur ausnahmsweise dürfen Kinder zwischen dem 12. und 14. Lebensjahre für leichte Arbeiten über Tags verwendet werden, unbeschadet ihrer Schulpflicht, über Ansuchen ihrer Eltern oder Vormünder mit besonderer Bewilligung der Bergbehörde. Jugendliche Personen männlichen Geschlechtes, weniger als 16 Jahre alt, dürfen nur in einerWeise beschäftigt werden, welche ihrer körperlichen Entwicklung nicht nachtheilig ist. Jugendliche Arbeiter weiblichen Geschlechtes müssen das 18. Lebensjahr zurückgelegt haben und dürfen nur über Tags verwendet werden.

Im Bergbau besteht der Normalarbeitstag. Während im § 200 des allgemeinen Berggesetzes die Zeit und Dauer der Arbeit in der Arbeitsordnung nicht genau angegeben ist, bestimmt die Novelle vom 15. Juni 1884 die Maximalgrenze der Arbeit, welche täglich 10 Stunden nicht übersteigen darf.

Desgleichen hat obige Novelle die Sonntagsruhe festgestellt. Die Arbeit hat an Sonntagen zu ruhen, diese Ruhe hat spätestens von 6 Uhr Früh am Sonntag für die gesammte Mannschaft zu beginnen und volle 24 Stunden zu dauern. Ausnahmen hievon sind nur für solche Arbeiten zulässig, welche der Natur nach keine Unterbrechung erleiden dürfen (Wasserhaltung, Wetterführung, Betrieb der Schmelz-, Röst- und Coaksöfen, Grubenwache, Verladungsarbeiten).

Der Schutz gegen Betriebsunfälle ist schon in dem § 171 des allgemeinen Berggesetzes den Bergwerksbesitzern zur Pflicht gemacht, und die Befolgung wird durch die Bergbehörden überwacht.

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