Um zu verhüten, dass die Leitung von Bergwerken in den Händen unkundiger Beamten liegt, wodurch die Gefahr des Betriebes vergrössert wird, stellt das Gesetz vom 3i. December 1893 bestimmte Anforde­rungen an die Betriebsleiter und Aufseher. Denen zufolge dürfen als Betriebsleiter nur solche Personen angestellt werden, welche eine inländische Akademie mit gutem Erfolge absolvirt haben und drei Jahre im Bergbau praktisch thätig gewesen sind. Als Betriebsaufseher dürfen nur solche Personen verwendet werden, welche eine Bergschule absolvirt haben oder deren praktische Befähigung nachgewiesen ist.

Der Vertragsschutz. Alle Bestimmungen, welche den Zweck haben, das Vertragsverhältnis zwischen Arbeiter und Arbeitsgeber zu regeln, kann man mit dem einheitlichen Namen «Vertragsschutz» zusammen­fassen. Hieher gehören die gesetzlichen Bestimmungen über die Arbeitsordnung, über die Aufnahme und Entlassung der Arbeiter.

Auf Grund des § 3oo des allgemeinen Berggesetzes muss bei jedem Bergbau eine Dienstordnung bestehen, welche die Dienstverhältnisse des Aufsichts- und Arbeiterpersonals festsetzt, und muss diese Dienstordnung durch die Bergbehörde genehmigt und an passenden Orten affichirt sein. Jeder Berg­arbeiter muss ein Arbeitsbuch besitzen, ohne welches seine Aufnahme nicht stattfinden darf. Die Auf­lösung des Dienstverhältnisses erfolgt durch die Aufkündigung, eine Ausnahme hievon darf nur durch Beobachtung der hiefür bestimmten gesetzlichen Bestimmungen stattfinden. Die Niederlegung der Arbeit ohne Kündigung unterliegt gemäss Verordnung vom 3i. December 1871 den Bestimmungen der Ge­werbeordnung. Nach dem Gesetze vom 3. Mai 1896 kann der Austritt des Bergarbeiters durch die Forderungen des Gewerken oder durch etwa dem Arbeiter gegebene Naturalvorschüsse nicht behindert werden. Der Arbeiter erhält bei seinem Austritt ein Zeugnis über die Art und Dauer der Beschäftigung.

Der Arbeiter geniesst auch gesetzlichen Schutz in Rücksicht der Lohnzahlung.

Der Arbeiter hat seinen Lohn in barem Gelde zu erhalten und sind Abzüge für Naturalvorschüsse gestattet. Nach dem Gesetze vom 3i. Mai 1896 hat die Auszahlung wenigstens monatlich, beim Dienst­austritt sofort zu erfolgen. Auf die Geding- und Schichtlöhne der Arbeiter findet weder gerichtliches Verbot noch Execution statt. Bezüglich der Disciplinarstrafen ist verordnet, dass dieselben, sofern sie die Uebertretung der Dienstordnung betreffen, dortselbst enthalten sein müssen.

Eine der wichtigsten Materien des Arbeiterschutzes bildet die Schlichtung der Streitigkeiten aus dem Dienstverhältnisse.

Erst das Gesetz vom 18. Juni 1896 hat durch die obligatorische Bildung von Bergbau-Genossen­schaften nach dieser Richtung eingegriffen. Diese Genossenschaften bestehen aus zwei Gruppen, den Arbeitern und den Bergwerksbesitzern in jedem Reviere, welche getrennt den Ausschuss und dann Functionäre wählen. Der Ausschuss hat als Einigungsamt zu fungiren, während der Vorstand zugleich Schiedsrichter in allen Streitfällen ist, welche aus dem Lohn- und Dienstverhältnis zwischen den Unter­nehmern und den einzelnen Arbeitern entstehen.

Die Arbeiterschutz-Gesetzgebung würde sich des grössten Theiles ihres Zweckes entäussern, wenn nicht für eine staatliche Beaufsichtigung in doppelter Richtung, in controlirender und präventiver, gesorgt würde. Das allgemeine Berggesetz hat diese Organe in den Bergbehörden geschaffen, und nach der Ver­ordnung vom 27. Mai 1892 haben die Bergbehörden hauptsächlich ihre Aufmerksamkeit darauf zu richten, ob die Dienstordnungen überall affichirt sind, ob die Arbeitsbücher ordentlich aufbewahrt werden, ob über alle Bergarbeiter ein Mannschaftsbuch geführt ward, ob die gesetzlichen Vorschriften über Verwendung jugend­licher Arbeiter und Frauen befolgt werden, ob die Schichtendauer dem Gesetze entspricht, ob die gesetz­liche Sonntagsruhe eingehalten wird, die Abrechnung und Lohnzahlung ordnungsgemäss stattfindet, endlich haben sich die behördlichen Organe über die Wohnungsverhältnisse und die Bruderladen zu informiren.

Unter dem Eindrücke wiederholter Bergbaukatastrophen wurde, nachdem ein von der Regierung dem Parlament vorgelegtes Gesetz, betreffend die Bestellung von Berginspectoren, nicht zur Annahme gelangte, ein eigenes Organ, «der Berginspector», bei jeder Berghauptmannschaft eingesetzt, dessen einzige Aufgabe die Controle über die Sicherheitsvorrichtungen und die socialpolitischen Vorschriften im Bergbau ist und welcher gleichzeitig die Controle des Revierbergbeamten auszuüben hat.

Die Bruderladen. Obwohl bereits seit Jahrhunderten Bruderladen bestanden, das sind Cassen, welche theils von den Werksbesitzern allein, theils durch Beitragsleistungen der Arbeiter gegründet wurden,

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