um die Arbeiter und ihre Familienmitglieder in Zeiten der Krankheit oder Arbeitsunfähigkeit oder nach ihrem Absterben ihre Witwen und Waisen vor der äussersten Noth sicherzustellen, auch diese Bruderladen in den früheren Bergordnungen geregelt waren, so haben dieselben sich erst mit dem Aufschwünge des Bergbaues während der letzten 50 Jahre entwickelt und ihre gesetzliche Anordnung für den Gesammt- bergbau im X. Hauptstück des allgemeinen Berggesetzes vom 24. Mai 1854 gefunden.

Das Gesetz schreibt die Errichtung von Bruderladen bei jedem Bergbau vor, ihre Statuten müssen von der Bergbehörde genehmigt sein, ihre Verwaltung hat unter steter Controle der Bergbehörden durch von den Arbeitern selbst gewählte Ausschüsse zu erfolgen.

Schon zu Ende der Siebzigerjahre machten sich Erscheinungen geltend, welche das Unhaltbare der bestehenden Bruderladen zu Tage treten Hessen, indem die Leistungen der Bruderladen an ihre Mitglieder ausser Verhältnis zu deren Einnahmen standen und nur die thatkräftige Unterstützung der Bergwerksbesitzer den finanziellen Zusammenbruch der Bruderladen zu verhindern vermochte.

Da bei Promulgirung des allgemeinen Berggesetzes die Versicherungstechnik eine terra incognita war, waren diese Erscheinungen der finanziellen Lage der Bruderladen selbstverständlich und eine Reform derselben auf versicherungstechnischer Basis unausweichlich.

Durch das Gesetz vom 28. Juli 1889, «betreffend die Regelung der Verhältnisse der nach dem allgemeinen Berggesetze errichteten oder noch zu errichtenden Bruderladen» wurden die Unterstützungen, welche die Bruderladen ihren hilfsbedürftigen Mitgliedern, beziehungsweise ihren hinterbliebenen An­gehörigen zu gewähren haben, geregelt.

Hiernach haben die Bruderladen zu gewähren: 1. Krankenunterstützungen, 2. Provisionen für Invalide, beziehungsweise die Witwen und Waisen und werden diese beiden Cassen selbstständig verwaltet. Ausser diesen Cassen wird ein Central-Reservefond geschaffen zum Zwecke, die Provisionscassen im Falle von Massenverunglückungen zu subventioniren. Die Beträge für diesen Reservefond haben die Werks­besitzer zu leisten, während die nach versicherungstechnischen Grundsätzen erforderlichen Mittel zur Deckung der Ausgaben der Bruderladen durch die Werksbesitzer und die Arbeiter aufgebracht werden.

Den Mitgliedern der Bruderlade ist das Recht der Freizügigkeit gewahrt, d. h. bei dem Austritte aus der Arbeit eines Werkes in das andere sind ihre Rechte an die Bruderlade der anderen Grube zu überweisen, auch für die Zeit der Militärpflicht werden diese Rechte gewahrt. Endlich sichert die Pro- visionscasse der Bruderlade im Falle der Erwerbsunfähigkeit einem jeden Mitglied oder dessen Witwe den Bezug einer Minimalrente von 100, respective 50 fl.

In Folge dieses neuen Bruderladegesetzes haben die versicherungstechnisch nicht activen Bruder­laden die Pflicht, sich zu sanieren, und muss diese Sanierung binnen 3o Jahren durchgeführt sein, und zwar zum grössten Theil auf Kosten der Werksbesitzer.

Mit Schluss 1896 bestehen in Oesterreich 269 Bruderladen mit 229 Kranken- und 264 Provisions­cassen. Die Krankencassen schliessen mit einem Activsaldo von 838.542 fl. Das Vermögen der Provisions­cassen belief sich auf 28. 8 Millionen Gulden. Im Provisionsbezuge standen 14.354 ehemalige Mitglieder,

1 5.598 Witwen, 10.440 Waisen und erhielt im Durchschnitt ein arbeitsunfähiges Mitglied 102 fl. 84 kr., eine Witwe 42 fl. 15 kr., eine Waise 14 fl. 78 kr.

Andere humanitäre Einrichtungen. Aus eigener Initiative der Bergwerksbesitzer, ohne jeden gesetzlichen Zwang, sind auf Kosten der Werksbesitzer verschiedene humanitäre Einrichtungen zu Gunsten der Arbeiter geschaffen worden, welche wesentlich die Besserung der Gesundheits- und Lebensverhältnisse derselben bezwecken.

Hieher gehört die Errichtung von Arbeiterhäusern sowohl für ledige in Kasernen als für ver­heiratete in Colonien, die Gewährung von Garten- und Feldbenützung, theils unentgeltlich, theils zu den mässigsten Pachtbedingnissen, die Errichtung von Werksmagazinen, aus welchen die Arbeiter mit den nothwendigsten Lebensmitteln zum Selbstkostenpreise versorgt werden; die Anlage von Werksgasthäusern und Bäckereien, die Bildung von Consumvereinen, die Einführung von Werks-Sonntagszeichenschulen, von Kinderbewahranstalten, endlich von Spitälern unter Leitung von Aerzten. Alle diese humanitären An­stalten haben sich in den letzten 50 Jahren im grossen Massstabe entwickelt, sie bilden ein unvertilgbares Merkmal der Fürsorge der Werksbesitzer für das körperliche und moralische Wohlbefinden des Bergarbeiters.

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