Die Motive waren vielgestaltig, vor Allen erschien Blumen- und auch figuraler Schmuck, dann kamen Köpfe in Cameenform geprägt, ferner kleine Teufelsfiguren, schwarz auf rothem Grunde etc.

Unter den ersten Vorlagen finden wir auch schon Musiknoten mit den Anfangszeilen eines Textes, Embleme in Roccoco, Thierfiguren, endlich das beliebte, bis heute gerne gesehene »Pèle mêle - Papier« ; in rascher Folge präsentiren sich weiters: Ischler Papier mit Gebirgstypen, Künstler- und Classikerköpfe, Flaggensprache, dreieckiges Briefpapier, Silhouettenpapier und, als besondere Neuigkeit, »Oxforden Leinen-Imitation«, ein Muster, das jetzt, nach mehr als 20 Jahren, wieder als Originalität auftaucht.

Deutsche Volks- und Sinnsprüche in Rothdruck und schwarzen Contouren führen uns nun bereits hinüber ins Jahr 1873, für welches Jahr stylisirter, künstlerisch schön ausgeführter Blumenschmuck die be- merkenswertheste Type bildet.

Im selben Jahre fand in Wien die Weltausstellung statt; die österreichische Papier- Confection war glänzend vertreten und diente als leuchtendes Vorbild für alle Culturstaaten der Welt; der neue Industrie­zweig fand allerwärts die grösste Anerkennung und das Lob war ein ungetheiltes.

Lignumpapier mit Flolzflader, verschiedene Kopffiguren, launig ausgeführte Mopsköpfe, Papier mit Eisen-Decor bilden fernere Neuheiten des Jahres 1874.

Die Jahre 1875 bis 1877 bringen als sensationelle Marken den »japanischen« Decor; Blumenmuster in ausgezeichneter Ausführung, colorirte Kinderfiguren, das heute noch vielbegehrte Veilchenpapier, ferner einen der besten Artikel, Papier mit den sogenannten »Glücksschweinchen«, später auch mit den Glückskreuzern.

Zum ersten Male erscheinen nun auch die photographischen Verkleinerungen ganzer Zeitungsseiten.

Dann folgen Kinderfiguren in Hochdruck und colorirt, grosse Initialen in verschiedensten Formen und Farben.

Den Jahren 1878 bis 1880 gehören an: die humoristischen Correspondenzkarten und das Mosaik­papier, Schwalbenbriefe etc.

Eine Neuheit der folgenden Jahre, die von sensationellem Erfolge begleitet war, ist das sogenannte »Vieux Sachspapier« mit dem alten Meissener Porzellandecor, der wieder Mode wurde und Nachahmung auf allen möglichen Gebieten fand.

Ausser diesem Muster kamen in den Achtzigerjahren bis circa 1887 noch daran: Landkartenpapier, Jagdsprüche und Jagdpapier mit Emblemen und Jagdtrophäen, und als besonderes Muster das »Heraldik­papier«, das aber mit seinen in den Originalfarben ausgeführten Wappenschildern zu kostspielig war, um allgemein durchzugreifen. Einem ähnlichen Schicksale unterlag das »Brillantblumenpapier« der Achtziger­jahre. 1889 bis 1890 finden wir Imitation altdeutscher Leinenstickerei, Siegellack-Imitation, Millefleurs- Papier, Typen aus dem österreichischen und deutschen Militär.

In den letzten Jahren wird die Ausführung des Briefpapierschmuckes immer reicher und schöner; diese Jahre bringen den Blumendecor in Rosen, Vergissmeinnicht, Margariten in Gold und Metallfarben und besondere Handmalerei, das Gobelinpapier in Goldschnitt, Menu- und Gratulationskarten in exquisiter Ausstattung, und besonders die hundertfältigen Formen der Neujahrskalender, einer reizender wie der andere, die fast für jedes Alter, für jeden Stand eine besondere Type zeigen, und die sich, wie auch die Menu-, Gratulationskarten und Tanzordnungen zu einer Specialrubrik in der Industrie der Papier-Confection erhoben haben.

Wir nannten in dieser Uebersicht nur wenige Namen; die erdrückende Menge der Muster im De­tail zeigt ein Blick in die Kataloge und Preisverzeichnisse, in denen alle Nummern bis zu 5000 mit sepa­ratem Namen bezeichnet sind. Ob sich diese Nummern noch ins Ungemessene vermehren werden? Wir möchten fast glauben: nein, denn in jüngster Zeit ist eine eigetithümliche Aenderung im Geschmacke des Publicums, eigentlich eine gewisse Rückkehr zu constatiren. Der décorative Schmuck des Papieres wird geringer, einfacher, wenn er auch hochelegant bleibt, und mit Ausnahme des liebgewordenen Pêle-mêle-, Blumen- und Schwalbenmusters und ähnlicher Dessins, die sich immer und überall erhalten werden, finden die glatten Papiere wieder mehr und mehr Anklang. Dagegen kommt der décorative Schmuck in der äusseren und inneren Ausstattung der Cartons und Cassetten, die zur Aufbewahrung und Anordnung der Briefpapiere dienen, zu besonderer Geltung, und wir müssen später noch Gelegenheit nehmen, der Cassettenfabrication einige Worte zu widmen.

Wenn uns schon die Durchsicht der Mustersammlung berechtigtes Staunen über die heutige Grösse und Ausdehnung der Papier-Confection einflössen kann, so erhalten wir noch ein ungleich lebensvolleres

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