Handlungen an, welche sich auch bereit erklärte, einen Betrag von 500.000 fl. zur Disposition zu stellen. Der vom Centralverein eingelagerte Zucker sollte bis zu drei Viertel des Werthes gegen 5"/,, Zinsen und V 2 % Provision belehnt werden. Die Industrie machte zwar von diesem Angebote keinen Gebrauch, die Verhandlungen hatten jedoch den einen Erfolg, dass die Banken von jener Zeit an das Belehnungsgeschäft mit den Zuckerfabriken zu cultiviren begannen.

Im Jahre 1862 war die Steuer bereits auf 73 kr. C.-M. pro Metercentner gestiegen, woraus für den Staat eine Jahreseinnahme von 6/ 2 Millionen Gulden resultirte. Anfänglich wurde die Steuer nach dem Gewichte der verarbeiteten Rüben erhoben; dann kam die Abfindung bei den Pressen, die Abwage und Abfindung bei der Diffusion und endlich die Besteuerung des fertigen Productes. Es wird sich noch Ge­legenheit finden, auf die einzelnen Steuerphasen zurückzukommen.

Im Jahre 1856/57 waren bereits 112 Fabriken im Betriebe, welche 9 Millionen Wiener Centner Rüben verarbeiteten; hievon entfielen auf Böhmen 47 Fabriken mit 3-5 Millionen, auf Mähren 29 Fabriken mit 2-8 Millionen, auf Ungarn 22 Fabriken mit 1-2 Millionen, der Rest vertheilte sich auf die übrigen Länder, namentlich Galizien. Eine solche Entwickelung wurde zwar von dem concurrirenden Rohrzucker unangenehm empfunden; es war jedoch der Weltconsum schon damals so gestiegen, dass der Rohrzucker allein zur Deckung des Bedarfes nicht mehr genügt hätte, und dass ohne den Rübenzucker eine ausser­ordentliche Theuerung eingetreten wäre.

Die österreichische Zucker-Industrie stand von Anfang an mit der Zucker-Industrie des damaligen deutschen Zollvereines in technischer Beziehung in regem Contact, wozu sie besonders durch das viel schlechtere Rübenmaterial und die ungünstigeren wirthschaftlichen Verhältnisse getrieben wurde. Gar bald waren es aber österreichische Techniker, welche sich an die Spitze des Fortschrittes stellten und Verfahren erfanden, welche geradezu die Grundlage für die heute so hoch entwickelte Leistungsfähigkeit der österreichischen Fabriken bilden. Es möge hier nur auf das Scheidesaturationsverfahren von Frey-Jelinek aus dem Jahre 1863 und auf das Diffusionsverfahren von Robert aus dem Jahre 1864 verwiesen werden. Letzteres gelangte durch die gleichzeitige Erfindung der Rübenschneidemaschine von Jacquier in Seelowitz erst zur praktischen Durchführbarkeit. Welche Bedeutung der Robertschen Erfindung schon damals beigelegt wurde, geht daraus hervor, dass während der Versuchswoche in der Campagne 1864/65 die hervor­ragendsten Fachmänner aus aller Herren Ländern in Seelowitz weilten. Das Ergebnis der Versuchswoche war ein überraschend günstiges und führte das Diffusionsverfahren bald in alle Zuckerfabriken der Welt ein. Das Diflusionsverfahren hat auch in seinem Geburtslande die meisten Verbesserungen erfahren, von welchen nur die Calorisatoren von Urbänek hier erwähnt werden mögen.-Die verschiedenen Messer-Constructionen von Goller haben einen Weltruf erlangt. Im Jahre 1864 construirte Danek eiserne Schlammpressen, die es erst ermöglichten, das Scheidesaturationsverfahren in grossem Maassstabe anzuwenden.

Wie sehr die Zuckerfabrikanten der damaligen Zeit bestrebt waren, ihr Möglichstes zur Hebung- ihres Gewerbes zu thjin, geht aus der Gründung wichtiger Institutionen hervor, die sich dauernd bewährt haben und heute den Stolz der Industrie bilden. Hieher gehört der »Verein für Rübenzucker- Industrie im Kaiserthume Oesterreich«, d. i. der heutige Centralverein für Rübenzucker-Industrie in der österreichisch-ungarischen Monarchie, dessen erste Generalversammlung, wenn auch in loser Form, bereits im Jahre 1851 in Prag stattgefunden hat, dessen Statut jedoch erst am 4. August 1854 die Aller­höchste Sanction erhielt. Der erste Präsident war bis zum Jahre 1861 Graf Albert Nostitz. Dieser Verein gründete im Jahre 1859 ein chemisches Laboratorium, das zuerst in der Fabrik Königsaal unter der Leitung des Dr. Weiler installirt wurde; es ist dies die heutige chemisch-technische A 7 ersuchsstation des Centralvereines. Im Jahre 1861 entstand auf Initiative der hervorragendsten Mitglieder des Central­vereines der »Assecuranzverein von Zuckerfabrikanten in der österreichisch - ungarischen Mo narchie«, aus welchem später das »Beamten-Pensionsinstitut« hervorgegangen ist. Der Assecuranz­verein zählte in der Campagne 1896/97 234 Mitglieder mit einer Versicherungssumme von 5io - 7 Millionen Gulden und hat seit seinem Bestände 9-4 Millionen Gulden für Brandschäden gezahlt. Das Beamten- Pensionsinstitut zählte mit Finde des Jahres 1897 2240 Mitglieder mit einem Diensteinkommen von 2-7 Millionen Gulden. Das Beamten-Pensionsinstitut besitzt eine Reserve für Pensionen von 5-1 Millionen Gulden.

Zu Beginn der Sechzigerjahre war die Zuckererzeugung im Inlande so angewachsen, dass nicht nur der Consum vollständig gedeckt wurde, sondern noch e-in Ueberschuss von 100.000 bis 200.000 Wiener Centner verblieb, der derart auf die Preise drückte, dass diese auf 60 fl. pro Metercentner sanken.