Um diese Zeit fällt auch das Entstehen der Brauliteratur. Als erstes Werk dürfte jenes von Ant. Gazius, De vino et cerevisia (Augsburg 1546), gelten. Darauf folgte jenes, das Placotomus zum Verfasser hatte, im Jahre 1551 zu Wittenberg erschien und den Titel »De natura cerevisiarum et de mulso« führte. Sodann ein Buch von Dr. Heinrich Knaust aus dem Jahre 1575. Am bemerkenswerthesten erscheint uns ein Buch des berühmten Leibarztes Kaiser Rudolfs II., Hayek ab Hayek, das 1585 unter dem Titel »De cerevisia« verlegt wurde. Es ist das erste österreichische Werk über die Brautechnik. Die einzelnen Brauarbeiten werden darin mit solcher Genauigkeit und Anschaulichkeit geschildert, dass man den Gang der heutigen Manipulation im Grossen und Ganzen in den damals bestimmten Regeln wiedererkennt. Die Biere Böhmens, das bereits zu Anfang des 16. Jahrhunderts einen Oberst-Braumeister des Königreiches besass, der aus dem hohen Adel gewählt wurde, waren damals allgemein berühmt. Darüber gab es auch ein Sprichwort:

»Schäfereien, Brau-Häuser und Teich Machen die böhmischen Herren reich.«

Hayek bezeichnet als jene Städte, deren Bier gepriesen wurde, Rokycan, Schlan, Saaz (wo zur Winters­zeit ein vortreffliches bitteres Gerstenbier unter dem Namen »Samec« gebraut wurde). Von den Prager Bieren rühmt er jenes, das in dem Brauhause der Universitätscollegien und in den Klöstern erzeugt wurde und sehr sorgfältig- zubereitet war. Wir lesen darüber in der »Chronica« eines fahrenden Schülers oder Wanderbüchlein des Johann Butzbach aus dem 15. Jahrhundert Folgendes: »Man braut daselbst ein sehr starkes und kräftiges Bier, welches Altbier geheissen wird und so dick ist, dass man schier Gegen­stände damit zusammenleimen kann. Es wurde allda zu meiner Zeit ein Keller wiederhergestellt, welcher vor 30 Jahren eingestürzt war. Man fand darin zwei Quantitäten Bier ohne Fass in der eigenen, sehr dicken Haut liegen, und als man diese gleichwie Holz anbohrte, zapfte man ein so vorzügliches Bier daraus, dass kein Mensch bezeugen konnte, jemals so kostbares getrunken zu haben.«

Schon Sebastian Münster sagt in seiner Kosmographie (1544) über Böhmen: »Sie machen köstlich und gut Bier und ist das Volck gantz auff Trinken und des Leibs Lust geneigt.«

Sehr gerühmt wurden auch die Biere von Görkau, Komotau, Mies, Klattau, Böhmisch-Brod und der Meth der Stadt Eger, von dem es heisst: »Es ist die Statt Eger mit medt, ein getranck auss honig gesotten, durch Teütschland beruffen, dann dieses getranck an keinem ort köstlicher und lieblicher zu trincken gemacht wird.«

Unter den mährischen Bieren nahm das Iglauer die erste Stelle ein; es zählte zu den berühmtesten Deutschlands. Es wurde nach allen österreichischen Ländern, insbesondere auch nach Wien verführt, wo es am Mauthhaus am Tabor ausgeschenkt wurde.

Einen ausgezeichneten Ruf besassen auch die Biere von Olmütz, Neutitschein, Schönberg, Gross- Meseritsch und Trebitsch. Von Schlesien, aus Schweidnitz, kam jenes berühmte Product, das weithin nach Böhmen, Polen, Ungarn, nach Wien und sogar nach Italien exportirt wurde. Auch das Troppauer Bier wurde sehr geschätzt, und von Tetschen schreibt Schickfuss in seiner schlesischen Chronik vom Jahre 1625: »Zweierlei Bier wird darinnen gebraut, ein Weitzen- und ein Gerstenbier, welches sie Matznotz nennen vnd die Walachen, so im Gebirge wohnen vnd im Wochenmarkt hinem kommen für ihren besten Alacant halten, und dadurch zum Haidukischen Tantz stattlich auffgefrischet werden.«

In Nieder- und Oberösterreich, wie in den Alpenländern war der starke Weinconsum der Ent­wickelung des Braugewerbes ungemein hinderlich. Hatte doch Kaiser Friedrich »IV. in seinen österreichi­schen Weinländern im Jahre 1449 das Bierbrauen und Schänken gänzlich verboten und nur den Haus­herren mit ihrem Gesinde erlaubt, in ihren eigenen Häusern Bier zu brauen und zu trinken. Solche Verbote zur Verhütung einer Vertheuerung der Gersten- und Weizenpreise erflossen auch in den Jahren 1544, 1551, 1561 und 1566.

Das erste Bräuhaus in Wien wurde im Jahre 1296 in der Weidengasse errichtet. Es war Eigen­thum des Bürgerspitals und besass bis zum Jahre 1699 das ausschliessliche Braurecht innerhalb des Burg­friedens.

Die Qualität seiner Erzeugnisse mag indessen von keiner besonderen Güte gewesen sein, da bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts der Import fremder Biere ein sehr starker war.

Einigen Notizen zufolge, die wir der Güte des Directors Glossy des städtischen Archives in Wien verdanken, wurden im 16. Jahrhundert ansehnliche Biermengen bezogen aus Freistadt, Budweis, Iglau,

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