das Product erzeugt wird, verfolgen und begründen, den Uebergang vom Einzelnbetriebe zu der abstracten Wissenschaft verkörpern und das vermittelnde Glied zwischen Theorie und Praxis bilden.

Zu diesem Zwecke erliess im Sommer 1885 ein kleines Comité einen Aufruf an Oesterreichs Brauer und Mälzer, um diese mit den Zielen und der Nothwendigkeit einer Brauversuchsstation vertraut zu machen. Diese sollte den Zweck verfolgen, Fragen, welche die Praxis stellt, theils durch chemische Untersuchungen im Laboratorium, theils durch Experimente in einer Versuchsbrauerei zu beantworten. Der Verein für die Gründung und Erhaltung einer Versuchsstation in Wien wurde sodann im Jahre 1887 anlässlich des Grazer Brauertages ins Leben gerufen und schon am 12. October desselben Jahres das chemische Laboratorium, am 1. Jänner 1888 die physiologische Abtheilung gegründet. Dank der Munificenz der Wiener Brauherren wurde es ermöglicht, diese Station in einem eigenen Heim (Wien, Währing, Michaelerstrasse 25) unterzu­bringen. Ausser mit der Untersuchung von Rohstoffen, fertiger Fabrikate und Hilfsstoffe der Bier- und Malz-Industrie, der Ueberprüfung von Apparaten, Maschinen etc. befasst sich diese Anstalt mit der Her­stellung und dem Verkauf von Reinhefe, mit dem Unterrichte in allen chemischen, mikroskopischen und physiologischen Laboratoriumsarbeiten, ferner mit dem Studium fachwissenschaftlicher und praktischer Fragen und der Publication der diesbezüglichen Resultate. Im Jahre 1895 wurde auch der Bau einer Versuchs-und Lehrbrauerei in Angriff genommen und diese im Jahre 1897 in Betrieb gesetzt. Der hervor­ragende Ruf des Leiters dieses Institutes, Hofrath Schwackhöfer, hat die Erwartungen, welche auf die reformatorische Thätigkeit der Station gesetzt wurden, vollauf gerechtfertigt. Mit einem ähnlichen Programm wie die Wiener Station und mit gleichen Erfolgen arbeitet die im Jahre 1885 gegründete Prager Versuchs­anstalt unter der Direction des ob seines fortschrittlichen Wirkens bekannten Braumeisters Franz Chodounsky.

An dieser Stelle soll auch jener Anstalten Erwähnung gethan sein, die zum Zwecke der Ausbildung technischer Hilfskräfte geschaffen wurden.

Das Lehrprogramm der Wiener Brauakademie, die in Verbindung mit der obgenannten Versuchs­station steht, ist speciell den Bedürfnissen für Brautechniker angepasst, die in Hinkunft eine Stellung als technische Leiter anstreben. Geringe Ansprüche an eine höhere Vorbildung stellen die Braufachschulen, welche zur Heranbildung eines tüchtigen technischen und administrativen Hilfspersonals bestimmt sind. Die Braufachschulen in Mödling und in Prag können mit Stolz auf eine Reihe von Absolventen blicken, die nunmehr in der Praxis thätig sind und sich als tüchtige Braumeister bewähren.

Der neuzeitliche Fortschritt charakterisirt sich durch die Concentration einer ins Ungemessene steigerungsfähigen Summe mechanischer Kräfte und ihrer Transmission in räumlich dislocirte Betriebsstätten. Damit waren im Vereine mit der Macht des Grosscapitals die Verbindungen für die Entwickelung von Grossbetrieben geschaffen. Den gigantischen Leistungen dieser Mächte gegenüber muss die einzelne menschliche Arbeitskraft, auf deren Tüchtigkeit und Ausbildung das alte, räumlich wie wirthschaftlich beschränkte Gewerbe beruhte, verzagen, den Wettbewerb aufzunehmen. Auf diese Weise kennzeichnet sich die neue Epoche, die ungefähr um das Jahr 1848 begann, durch eine mächtige, technische und wirth- schaftliche Evolution ; andererseits wird sie belastet durch die Schatten der \ r ernichtung des Kleinbetriebes mit seinen vielhundertjährigen Traditionen. Dieser social-ökonomische Process sprengt die Rahmen der alten Zunftverfassungen, wie ein neuer Schnitt die altmodischen Kleiderformen verdrängt. Er löst die Bande der alten Hausgenossenschaft zwischen Meister, Gesellen und Lehrlingen. Es verwelken die alten Gewerksgebräuche und bleiben nur noch für den Culturhistoriker von Interesse. Die alten Schriften und Zunftdecrete erreicht der Flammentod vergilbter Papiere, und nur selten findet sich eine schützende Hand, welche, wie im Archive der Prager Brauerzunft, diesen gewerbsgeschichtlichen Documenten eine bestaubte Fortexistenz sichert. Gerade weil die Bierbrauerei in ungleich höherem Maasse als andere Industrien ein althistorisches Gewerbe ist und einzelne Erzeugungsstätten gleich verrosteten Wahrzeichen aus dem Zeitalter der Zünfte in die frisch pulsirende Atmosphäre des modernen industriellen Lebens hereinragen, treten bei ihr die Gegensätze zwischen Gross- und Kleingewerbe viel schroffer zu Tage, als bei anderen Fabricationszweigen. Dazu hat auch die moderne Entwickelung des ATrkehrswesens beige­tragen. Ehe die Bahnen waren, konnte sich die Concurrenz auf weite Entfernungen nicht fühlbar machen, und der Localabsatz blieb bis zu einer gewissen Höhe ungefährdet. Wenn auch, wie wir wissen, in die Städte viel fremdes Bier eingeführt wurde, so vertheuerten die Zufuhrkosten den Preis derart, dass die heimische Production hiedurch nicht gefährdet wurde. In dem Maasse, als mit dem wachsenden Wohlstände auch

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