liter keineswegs zu den Seltenheiten zählen werden, dass die Handarbeit aus der Mälzerei fast völlig ver­drängt und durch technische Einrichtungen ersetzt sein wird, die einen continuirlichen Betrieb gestatten, dass es keine offenen Feuerherde weder bei der Darre noch im Sudhause geben, dass nach unentdeckten Principien gebaute Maschinen das Abläutern und die Extraction in vollkommener Weise besorgen und den ganzen Betriebsprocess vereinfachen und verkürzen werden, so würde man von vielen Leuten für wahn­sinnig gehalten werden. Wir prophezeien nichts, aber so viel sagen wir: Wenn irgendjemand zu Beginn dieses Jahrhunderts gesagt hätte, dass in einem einzelnen Etablissement in Wien im Jahre 1898 ebensoviel Bier erzeugt werden wird, als damals die Production in der Stadt, in den Vororten und am Lande be­trug, dass ein ergiebiges Malz ohne Handarbeit, lediglich mit maschinellen Einrichtungen, hergestellt, alle wesentlichen Arbeiten in der Braustätte durch mechanische Kräfte geleistet, die Keller durch Maschinen taghell erleuchtet, ventilirt und besser gekühlt werden, als dies durch Eiseinlagerung möglich ist, so würden unsere Vorfahren einer solchen Erzählung ebensowenig Glauben geschenkt haben, wie den Fabeln vom Magnetberge, von Riesen und Zwergen. Und doch würde die Vorhersagung wahr gewesen sein, und dass sie nicht ganz ungereimt sei, würden sie erkannt haben, wenn sie erwogen hätten, in welchem Maasse die Bevölkerung und damit der Bierconsum zunimmt, wie alle mechanischen und chemischen Processe durch Zeit und Kraft ersparende Maschinen vervollkommnet und allmählich verbessert werden können.

So werden dereinst die Erben der heutigen Brauergeneration auf die Geschichte der Brau-Industrie in der zweiten Pläfte des 19. Jahrhunderts mit ähnlichen Empfindungen und Gedanken blicken, wie wir die Arbeit früherer Jahrhunderte Revue passiren liessen. Sie werden aber dann den Brau-Industriellen unserer Tage die Gerechtigkeit angedeihen lassen müssen, anzuerkennen, dass vor Allem Betriebsamkeit und In­telligenz, Klugheit und Energie die Triebfedern des gewaltigen industriellen Fortschrittes während unserer- Periode waren, und dass jene Männer, die an der Spitze der Unternehmungen standen, sich voll und ganz als Söhne eines Zeitalters bewährt haben, welches Industrie und Wissenschaft verbündet und die Leistungen der Technik zu dem höchsten Gipfel menschlichen Ruhmes emporgehoben hat.

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