Alle Brauereien sind sehr gut und zeitgemäss eingerichtet, insbesondere erfreuen sich eines grossen Besuches von Fachmännern des In- und Auslandes die Brauereien Protivin, Wittingau und die neuerbaute Brauerei Laun, deren Beschreibung wir folgen lassen.

Brauerei Protivin.

Aller Wahrscheinlichkeit nach existirte bereits seit dem 15. Jahrhunderte eine Brauerei in der Nähe des Schlosses, diese wurde aber sowohl wegen ihrer veralteten Einrichtungen als auch wegen der ungünstigen Lage aufgelassen, und im Jahre 1874 ward nach den von den fürstlichen Baubeamten verfassten Plänen, den neuesten technischen Erfahrungen entsprechend, eine neue Brauerei erbaut. Im Jahre 1882 wurde die Mälzerei um das Doppelte vergrössert und 1887 ein zweites Sudwerk aufgestellt. Nachdem 1891 die Erzeugung 100.000 Hekto­liter Bier erreicht hatte, wurden die Kelleranlagen vergrössert, in sämmtlichen Gähr- und Lagerkellern die künst­liche Kühlung und im ganzen Industriale die elektrische Beleuchtung eingeführt.

Die Brauerei liegt in einer waldigen Gegend, an einem terrassenförmig abfallenden Hügel, so dass das Pro­duct ohne alle Pumpen bis in die Keller gelangt, von wo es direct in die Wagen verladen werden kann. Die Brauhausmälzerei erzeugt auf einer Tennenfläche von 2200 Quadratmetern mit 2 Doppeldarren 21.000 Metercentner Malz ; das angrenzende Sudhaus, mit 2 Doppelsudwerken auf 8 Gebräu täglich eingerichtet, ist durch einen 48 Meter langen eisernen Steg mit dem Kühlhause, in dem 6 Kühlschiffe vorhanden sind, verbunden ; 2 Berieselungskühlapparate stehen neben denselben, und unterhalb liegen die Gährkeller auf einer Fläche von 1050 Quadratmetern mit 210 Gähr- bottichen. Aus den Gährkellern wird das Bier auch theilweise in die neuen oberirdischen Keller mit einer durch Dynamo angetriebenen Bierpumpe gehoben, grösstentheils aber läuft es selbst in die unterhalb der Gährkeller befindlichen Lagerkeller von 4800 Quadratmeter Fläche, wo es in 950 Lagerfässer eingelagert wird. Die Gähr- und Lagerkeller sind mit Asphaltpflaster versehen. Gegenüber den Lagerkellern ist das Waschhaus und die Picherei mit Wasch- und Rollmaschinen. Den ganzen Betrieb besorgen 1 Tandemmaschine von x 50 Pferdekräften, 2 Compoundmaschinen, jede zu 100 Pferdekräften und 6 kleine Maschinen von 60 Pferdekräften. Den nöthigen Dampf liefern 9 Dampfkessel. Zur Kühlung sind 3 Ammoniak-Compressoren Nr. 6, System Linde, vorhanden, die elektrische Kraft und das Licht schaffen 3 Dynamos der Firma KfiHk in Prag mit 900 Ampère von 130 Volt. Die Brauerei hat ihr eigenes Industrie­geleise, das sie mit der Bahnstation Protivin verbindet, und besitzt 14 eigene Bierwaggons.

Im Jahre 1896 betrug die Erzeugung 125.000 Hektoliter Granat-, Lager- und Schankbier. Seit dem Jahre 1895 hat die Brauerei ihre eigene Hefereinzucht eingeführt, und wird der ganze Betideb von einem chemisch-physiolo­gischen Laboratorium überwacht.

Im Jahre 1891 wurde die nebenanliegende aufgelassene Zuckerfabrik in eine Malzfabrik verwandelt und der Brauerei einverleibt. Die Fabrik hat 2400 Quadratmeter Tennenfläche, 18 Weichstöcke, 4 Doppeldarren, und werden 25.000 Metercentner Malz erzeugt, die ausschliesslich zum Export gelangen. Die beiden Etablissements haben ihre eigene Feuerwehr von 40 Mann. Die Zahl der Arbeiter beträgt 202 ; für die ledigen ist mit einer gemein­schaftlichen Menage vorgesorgt.

Brauerei Wittingau.

In einer an Wäldern und grossen Teichen sehr reichen Ebene gelegen, datirt diese Brauerei ihren Ursprung in das Jahr 1397 zurück. In den Jahren 16991711 wurde nach den Plänen des Baumeisters Giacomo de Maggi neben dem Zeughause ein neues Brauhaus gebaut. Im Jahre 1861 ist dasselbe reconstruirt und als eines der ersten in Böhmen auf Dampfbetrieb eingerichtet worden. Seine Producte erfreuten sich einer solchen Beliebtheit, dass im Jahre 1894/95 die Erzeugung von 100.000 Hektolitern erreicht wurde. Die Brauerei ist, trotzdem der in der nächsten Nachbarschaft gelegene Svöter Teich von 360 Hektar genügendes Eis liefern würde, mit künstlicher Kühlung eingerichtet.

Die Mälzerei verarbeitet mit 6 Weichstöcken auf 5 Tennen von 2588 Quadratmetern und 3 Doppeldarren mit 88 Quadratmeter Darrfläche, 2144 Quadratmeter Bodenfläche 240 Waggons Gerste. Auf drei einfachen Sudwerken können täglich 436 Hektoliter Bier erzeugt werden, die auf 7 Kühlschiffen von 449-08 Quadratmetern Fläche und auf 2 Weinigschen Berieselungsapparaten abgekühlt werden. In 4 Gährkellern mit 1172-77 Quadratmetern Flächexxausmaass sind 182 Bottiche aufgestellt. Das Bier lagert in 27 Ivellerabtheilungen von 2987-48 Quadratmetern Ausdehnung in 1008 Fässern von 35.780 Hektoliter Inhalt. Die Gähr- und Lagerkeller werden mit zwei V- und einem Vl-Compressor (Linde) auf der nothwendigen Temperatur erhalten. 2 Dampfmaschinen von 181 Pferdekräften, denen 2 Dampf­kessel mit einer Heizfläche von 283 Quadratmeter den erforderlichen Dampf liefern, besorgen den Antrieb.

Die Verwaltung leiten 5 Beamte und den technischen Betrieb ein Braumeister mit einem Unterbrauer und 120 Brauern, Bindern und Gehilfen.

Brauerei Laun.

Nach Auflassung der vom Verkehr abseits gelegenen Brauerei Tau2etin wurde in der Nähe der Bahnstation Laun in den Jahren 1891 und 1892 eine neue Brauerei auf einer Fläche von 59.000 Quadratmetern parallel mit der Prag-Duxer Bahn nach den Plänen der Firma F. Ringhoffer erbaut; sie ist die erste Brauerei in Oesterreich, welche gleich auf künstliche Kühlung eingerichtet wurde.

Im Sudhause mit einer Fläche von 559 Quadratmetern war nur ein Doppelsudwerk, es musste aber schon 1896 ein zweites, und zwar ein completes Dampfsudwerk, System Lipps, aufgestellt werden, so dass man jetzt täg­lich 800 Hektoliter Bier erzeugen kann. Oberhalb des Sudhauses ist der Malzboden mit einer Schrotmühle und den Wasserreservoiren untergebracht. An das Sudhaus schliesst sich in westlicher Richtung das Kühlhaus mit 4 Kühl­schiffen, unter denselben das Kühllocal, wo das Bier bei dem Passiren der Berieselungskühler mit keimfreier Luft

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