In der Regel wurde auf 70 Gewichtstheile frisch bereiteter Kartoffelmaische von 5052 0 R. 30 Gewichtstheile des obigen Schrotgemenges verwendet, die Masse mit dem Maischholze gut durch­gerührt und nach weiterem Zusatz von 70 Gewichtstheilen Wasser von 70° R. gar gemaischt. Bis die so bereitete Hefenmaische eine Endtemperatur von 53° R. erreicht hatte, Hess man sie zur Milchsäurebildung 36 Stunden stehen, kühlte sie sodann durch Einhängen eines Eisschwimmers bis auf die Anstelltemperatur von 18 0 R. ab und setzte die von der früheren Kunsthefe abgenommene Mutterhefe zu.

Da man damals kein Mittel an der Hand hatte, um die Milchsäurebildung entsprechend zu regeln, wodurch der Säuregehalt der fertigen Maische mitunter oft zu hoch ausfiel, so neutralisirte man den Ueberschuss einfach mit Soda, deren Zusatz man mittelst des Lüdersdorffschen Säureprobers bemaass. Die Menge des von einer Brennerei mit 17 Elektoliter täglicher Alkoholerzeugung für diesen Zweck ver­wendeten krystallisirten Soda betrug bis zu 100 Kilogramm pro Monat.

Die Gährzeit des Hefeansatzes dauerte in der Regel zwölf Stunden. Während derselben wurde die Gährung, wenn dies erforderlich war, durch Zusatz von Kartoffelmaische aufgefrischt. Da das Maximum der Gährzeit durch das Steuergesetz mit 60 Stunden fixirt war, suchte man selbstverständlich durch möglichst dickes Einmaischen den Gährraum soweit als möglich auszunützen. Der Extractgehalt der Süssmaische war deshalb ein höherer und schwankte in den rationell betriebenen Brennereien zwischen 15 und 18 0 Balling. Die Anstelltemperatur musste, da die Gährbottichkühlung in den Brennereien damals noch nicht bekannt war, zwischen 12150 R. gehalten werden.

Von Brennapparaten war zu jener Zeit der von Pistorius am meisten verbreitet. Die Construction dieses Apparates, welcher mit seinen vielen Varianten bis in die jüngste Zeit in Verwendung stand und noch jetzt in den älteren landwirthschaftlichen Brennereien gebraucht wird, ist so bekannt, dass von einer näheren Beschreibung abgesehen werden kann. Neben dem Pistoriusschen Apparate hatten auch die Constructionen von Kasparowsky und Gail eine ziemliche Verbreitung. Weniger beliebt waren die Apparate von Schwarz und Dorn. Der erste Gallsche Dampf-Marienbad-Apparat wurde im Jahre 1843 in der Brennerei des Herrn Stuckheil zu Königgrätz aufgestellt. Diese Construction, bei welcher sich die Destillirblase in dem Dampfkessel eingeschlossen befand, war namentlich in Ungarn stark verbreitet.

Im Allgemeinen entsprachen die verschiedenen Apparate dem damaligen Stande der Technik, vielfach war aber für ihre Beschaffenheit maassgebend, dass deren Bau häufig den Land-Kupferschmieden über­tragen wurde, welche für die Principien des Destillationsprocesses gar kein Verständnis hatten und so das Verhältnis der einzelnen Theile zu einander nicht richtig bestimmen konnten. Die Vorrichtungen waren oft recht unpraktisch gebaut und mehr dem Interesse des nach Gewicht verkaufenden Verfertigers, als den Bedürfnissen eines rationellen Betriebes entsprechend. Der Pistoriussche Apparat mit Dampf­heizung lieferte Spiritus bis zu 8o°/ 0 Alkoholgehalt, der Gallsche Marienbad-Apparat einen solchen von 9O °/ 0 und darüber, bei grösserer Reinheit. Die Steuerverhältnisse brachten es mit sich, dass die voll­kommenen Apparate in Ungarn, wo sie besser ausgenützt werden konnten, rascher Eingang fanden, als diesseits der Leitha.

Die allmähliche Ausgestaltung und der gegenwärtige Stand der maschinellen Einrichtung moderner Brennerei-Etablissements sind zu bekannt, als dass darüber eine detaillirtere Besprechung hier am Platze wäre. Es sei nur festgehalten, dass die einschneidendste Reform der Erzeugungsweise, das Hollefreundsche Hochdruckverfahren, von der österreichisch-ungarischen Monarchie ausgieng, welches, wenn auch in theil- weise veränderter Gestalt, von allen übrigen Spiritus erzeugenden Ländern aufgenommen wurde und heute noch allgemein in Anwendung steht.

Durch die zahlreichen Verbesserungen aller Art gelang es, die percentuelle Ausbeute des Roh­stoffes um ein Bedeutendes zu erhöhen. Natürlich gilt dies nur von rationell ausgestatteten Brennereien, während die minder entwickelten noch unter ähnlichen Verhältnissen arbeiten, wie vor fünfzig Jahren. Um die heutigen Productionsbedingungen mit jenen des Ausgangspunktes der hier zu schildernden Epoche vergleichen zu können, möge umstehend eine Tabelle, welche die wichtigsten Momente der Erzeugung wiedergibt, Aufnahme finden. Dieselbe bezieht sich auf zwölf Brennereien, welche vor fünfzig Jahren zu den bedeutendsten gehörten und deren einzelne auch heute noch bestehen. Ihre namentliche Anführung ist für das Verständnis der Zahlen nicht erforderlich.

Die Durchschnittsausbeute dieser Brennereien war, wie aus der Tabelle ersichtlich ist, circa 9 Liter Alkohol aus 100 Kilogramm Kartoffeln. Da es sich hier um grössere Etablissements handelt, die minderen

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