Schwefelkohlenstoff in den Boden) hatte nicht den gewünschten Erfolg, und musste man sich daher in ernster Weise den Versuchen zuwenden, die zur Veredelung geeignetsten Rebensorten in ausgedehntem Maasse heranzuziehen und der Weinbau treibenden Bevölkerung zugänglich zu machen. Während diese von Staatswegen angelegten Pflanzungen ursprünglich mehr zu Versuchszwecken als zur eigentlichen Reben- production dienten, sind im Laufe der letzten Jahre von Seite der Regierung sehr ausgedehnte Wein­gärten ausschliesslich zu dem Zwecke angelegt worden, den Weinbauern in allen verseuchten Gegenden des Staates das beste Unterlagsmateriale zur Wiederherstellung der Weingärten zu liefern.

Seitdem man in den Regierungskreisen die Anschauung gewonnen hat, dass der Fortbestand des Weinbaues neben der Reblaus nur bei Anpflanzung von widerstandsfähigen amerikanischen Reben möglich ist, wendet auch die Regierung dem Vereine zum Schutze des österreichischen Weinbaues alljährlich eine grosse Summe zur Förderung der Vereinszwecke zu und trägt, wie erwähnt, selbst auch durch die Anlage ausgedehnter, mit amerikanischen Reben bepflanzter Weingärten zur Erhaltung des Weinbaues bei.

Nach dem gegenwärtigen Stande der Dinge kann in den Weinbau treibenden Ländern Oesterreichs, welche durch die Reblaus in so furchtbarer Weise bedroht waren, die Gefahr des Unterganges des Wein­baues als beseitigt angesehen werden. Die Seuche schreitet zwar unaufhaltsam fort, und in absehbarer Zeit wird es in Oesterreich, wie überhaupt in ganz Europa, keinen anderen Weinstock mehr geben, als einen solchen, welcher aus einer widerstandsfähigen Unterlage mit aufgepfropfter Veredelung besteht aber es sind Mittel und Wege geschaffen, die alten absterbenden Reben durch solche ersetzen zu können, welche gegen die Reblaus gefeit sind und ein reicheres Erträgnis ergeben, als dies bis nun von den euro­päischen Reben geliefert wurde. Man kann also, ohne Sanguiniker zu sein, es demnach als Wahrheit aussprechen, dass die furchtbare Gefahr für unseren Weinbau nicht nur endgiltig besiegt ist, sondern unser Weinbau nur noch schöner und üppiger erblühen wird, als dies bisher der Fall war.

Inmitten des Kampfes der Winzer gegen die Reblaus brach über unseren Weinbau ein neues Uebel herein, welches an Furchtbarkeit der Verheerungen, die es anzurichten vermag, der Phylloxera in nichts nach­gibt. Es ist dies die durch den Pilz Peronospora viticola verursachte Blattfallkrankheit, welche derart ver­heerend auftritt, um im Laufe einiger Tage den üppigsten Weingarten in einer Weise zu schädigen, dass die Ernte und mit ihr die mühevolle Arbeit eines ganzen Jahres dahin ist. Auch diesen Schädling hat man zu bekämpfen gelernt, indem man die Weinstöcke während der Vegetationsperiode wiederholt mit ver­dünnten Lösungen von Kupfersalzen besprengt. Es bildet dies freilich eine neuerliche Belastung der Weinbauer mit Auslagen und schwerer Arbeit, sie ist aber ebenso unerlässlich, als es das Bestauben der Weinstöcke mit Schwefelpulver um die Mitte dieses Jahrhunderts während jener Zeit war, in welcher der Traubenschimmel (Oidium Tuckerii) den Weinstock mit dem Untergange bedrohte.

Das ungemein verheerend auf die Weingärten Frankreichs wirkende Auftreten der Reblaus zu Ende der Siebzigerjahre und während des nächstfolgenden Decenniums brachte es mit sich, dass der riesige Bedarf des französischen Weinhandels durch die Einfuhr grosser Mengen von Wein aus anderen Ländern gedeckt werden musste. Dieser Umstand wirkte insofern günstig auf die Entfaltung des österreichischen Weinhandels, als durch ihn die vortrefflichen Weine Dalmatiens, welche bis dahin selbst in Oesterreich nur wenig gekannt waren, mit einemmale die ihnen gebührende Werthschätzung fanden. In Dalmatien, woselbst die Bodenverhältnisse derartige sind, dass Wein- und Oelbau den wichtigsten Theil der Boden- cultur bilden, ist in Folge dieses Umstandes ein neuer Aufschwung im Weinbau eingetreten, der auch seinen Ausdruck in der Verbesserung der früher nur in sehr einfacher Weise betriebenen Kellerwirthschaft und demzufolge auch in der Erhöhung der Güte der dalmatinischen Weine gefunden hat. Dalmatien steht gegenwärtig erst am Anfänge des Kampfes gegen die Reblaus, indem sich das gefürchtete Insect bis nun nur in dem nördlichen Th eile des Landes festgesetzt hat; es wird aber diesen Kampf dank der Erfahrungen, welche man bisher über die Führung desselben gesammelt hat, und der ausgiebigen Unterstützung von Seite des Staates leichter bestehen, als die nördlicheren Weinbau treibenden Länder Oesterreichs.

Während die Weinbauer Oesterreichs den Kampf gegen die feindlichen Naturkräfte zu bestehen hatten, erwuchs denselben auch durch politische Verhältnisse scheinbar eine neue Gefahr. Durch den bis zum Jahre 1903 laufenden Handelsvertrag mit Italien können italienische Weine in Gebinden gegen einen sehr geringen Zoll nach Oesterreich eingeführt werden. Anstatt dass dieser Umstand jedoch einen Druck auf die Preise der österreichischen Weine ausgeübt hätte, haben dieselben nicht nur ihre frühere

Die Gross-Industrie. V.

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