letzten Forderungen der Creditanstalt, das Unternehmen von dieser freizumachen und den Verkauf der Producte selbst in die Hand zu nehmen, so das am Schlüsse des genannten Jahres schon eine 8%ige Dividende gezahlt werden konnte, die im folgenden Jahre bereits auf 10% und 1869 auf 12% stieg.
Die Erkenntnis der Vortheile einer Ausdehnung durch Erwerbung eines zweiten Etablissements führte dazu, dass im Mai 1871 die von Adolf Jordan in Kralup gegründete chemische Fabrik, -welche jedoch bis dahin sich nicht rentabel erwiesen hatte, käuflich erworben wurde. Dieselbe wurde rasch einer gründlichen Reconstruction unterzogen und unter die Leitung des als tüchtigen Fachmann erprobten Dr. Ludwig Henkel gestellt, der als Inspector mit der Führung des Betriebes betraut wurde.
In Anerkennung der erfolgreichen Thätigkeit des Herrn Schaffner wurde dieser im Jänner 1873 zum Generaldirector des österreichischen Vereines ernannt und für die unmittelbare Leitung des technischen Betriebes in Aussig der damalige Leiter der chemischen Fabrik zu Heinrichshall, Herr Wilhelm Helbig, als technischer Director bestellt. Andererseits wurde Dr. Henkel zum Director in Kralup ernannt und der Leiter der Prager Niederlage, Herr Alexander Edler v. Wölfel, als commerzieller Director nach Aussig berufen. Der Umsatz und der Ertrag des Unternehmens wuchs nun, trotz der zum Theile ungünstigen Geschäftslage, von Jahr zu Jahr so, dass bedeutende Vergrösserungen der Anlage, grössere Grundankäufe und auf die Verbesserung des Betriebes zielende Reconstructionen, dann der Bau von Arbeiterhäusern aus den bedeutenden Erträgen bestritten werden konnten, zugleich aber auch Mittel verfügbar wurden, um ein wohlfundirtes Beamten-Pensionsinstitut zu begründen, das im October 1880 ins Leben gerufen wurde, während ein Jahr später Herr Generaldirector Schaffner aus eigenen Mitteln ein Asylhaus für erwerbsunfähig gewordene Arbeiter errichtete.
So gewann der österreichische Verein eine mehr und mehr dominirende Stellung auf dem Gebiete der chemischen Industrie in Oesterreich sowohl, wie in ganz Mitteleuropa, eine Stellung, die sich noch mehr festigte, als derselbe im Vereine mit der Firma Solvay & Comp, in Brüssel zur Begründung einer Ammoniaksodafabrik mit einem Anlagecapital von 1,000.000 fl. schritt, deren Bau in Ebensee im Jahre 1883 in Angriff genommen und 1885 beendet wurde, und die im Herbste 1885 ihren Betrieb eröffnete. Unter Leitung des Directors Louis Wolf nahm das Etablissement rasch einen so erfreulichen Aufschwung, dass es acht Jahre später möglich wurde, unter Mitverwendung der Ueberschüsse dieser Fabrik an die aus Concurrenzrücksichten unvermeidlich gewordene Errichtung einer neuen Anlage für Ammoniaksodapro- duction in Maros-Ujvar in Siebenbürgen zu schreiten, welche 1895 in Betrieb kam.
So glänzend sich die Erfolge des Unternehmens unter der trefflichen und vom Glücke begünstigten Leitung Schaffner’s bis zu Beginn des letzten Decenniums gestalteten, so wenig erfreulich Hess sich die Lage desselben in diesem an. Zunächst war es das rapide Sinken der Sodapreise, bewirkt durch die wachsende Ueberproduction der Ammoniaksoda-Industrie, sowie der Preise der Chlorproducte, die eine Folge des Druckes der englischen Concurrenz war, welche den Ertrag rasch herabdrückte und dazu zwang, durch Contingentirung der Sodaproduction und Reduction derselben einem weiteren Rückgänge der Preise zu steuern und durch Centralisirung des Verkaufes erträgliche Preise zu erzielen. Dazu kam eine rapide Steigerung der Kohlenpreise sowohl, wie der Preise anderer wichtiger Rohmaterialien, zu alledem endlich die Concurrenz der mit ihren reichen Wasserkräften überaus billig arbeitenden Fabriken der Schweiz und Schwedens, Momente, welche für den österreichischen Verein um so empfindlicher wurden, als knapp vorher durch Agitationen einzelner Actionäre, trotz des Widerstandes einer Minorität der Verwaltung, der Gedanke zum Durchbruche gebracht wurde, die in den guten Jahren angesammelte ausserordentliche Reserve unter die Actionäre in der Form auszuschütten, dass auf je zwei Actien eine Gratis-Actie verabfolgt wurde, wodurch eine Vermehrung des Actiencapitales von zwei auf drei Millionen herbeigeführt wurde, ohne dass hiedurch dem Unternehmen, dem die Last der Verzinsung dieses Capitalzuwachses auferlegt wurde, neue Mittel zugeführt worden wären.
Es wäre zu wünschen, dass diese Action, die in der Verwaltung selbst die gewichtigsten Stimmen gegen sich hatte, dem Unternehmen keinen Abbruch thun werde, und es steht zu hoffen, dass die innere Kraft und die solide Grundlage der Unternehmungen des österreichischen Vereines, trotz dieser Schwächung seiner Reserven und trotz des schwer zu beklagenden Rücktrittes des Herrn Schaffner von der Leitung des Unternehmens, es ermöglichen werden, dass der österreichische Verein für chemisch-metallurgische Production seinen hervorragenden Rang unter den Industrie-Unternehmungen Oesterreichs auch weiter behaupten kann.
Die Gross-Industrie. V.
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