Die Actiengesellschaft für chemische Industrie, »Union«, hat sich aus einer im Jahre 1852 von dem Elsässer Georg Dolffus in Streschowitz nächst Prag begründeten Holzessigfabrik entwickelt, mit der 1894 die von Heinrich Novak errichteten Betriebe in Franzensthal und Januska bei Zbirov und später noch eine grosse Holzverkohlungsanlage in M.-Szlatina in Ungarn vereinigt wurden, welch letztere jedoch im Jahre 1897 ein Raub der Flammen ward. Die Gesellschaft producirt als Hauptproduct holzessigsauren Kalk und verarbeitet diesen zur Erzeugung essigsaurer Salze, von Essigsäure und Aceton, daneben wird auch Holzgeist gewonnen, der theils als Denaturirungsmittel in den Handel kommt, theils zu reinem Methylalkohol raffinirt wird. Die Firma verarbeitet gegenwärtig alljährlich circa 220 Waggons holzessig­sauren Kalk und 3035 Waggons Holzgeist. Die Fabriken der Unternehmung entsprachen von jeher dem jeweiligen Stande der Technik; insbesondere dem Etablissement der früheren Firma Dolffus gebührt das Verdienst, als erstes in Oesterreich die Fabrication von besonders reinem Aceton in grossem Maass­stabe begründet zu haben.

Die k. k. priv. chemische Producten-, Knochenmehl- und Spodiumfabrik in Drozdov bei Cerhovitz verdankt ihr Entstehen dem aus Baiern eingewanderten Johann Röthlingshöfer, welcher zuvor schon auf dem Gebiete der heimischen Production thätig war. Unmittelbar nach der Gründung 1858 wurde nur gelbes Blutlaugensalz erzeugt und erst später die trockene Destillation von Holz, sowie die Fabrication von Knochenmehl und Spodium angereiht. In der Folge schloss sich noch die Erzeugung von Knochenfett im Wege der Benzinextraction nach Patent Seltsam an. Gegenwärtig steht die Fabrik im Besitze der Brüder Adolf und Josef Röthlingshöfer.

Die chemische Fabrik der Firma Fr. Sebor in Zizkov bei Prag wurde durch Franz Sebor, der durch die von ihm ausgehenden Verbesserungen in der Spodiumfabrication, in der Zuckergewinnung aus Melasse etc. bekannt ist und vielfach auch schriftstellerisch thätig war, im Jahre 1869 begründet. Dieselbe verarbeitet das gesammte Gaswasser der Prager und Smichover Gasanstalt, pro Jahr circa 45.000 Meter- centner, unter Anwendung von Apparaten nach eigenen Constructionen des Begründers. Das Haupt­erzeugnis der Firma bildet Aetzammoniak von anerkannt vorzüglicher Qualität.

Die Firma Wilhelm Neuber nahm 1865 in Perchtoldsdorf die industrielle Verwerthung von Abfällen diverser Provenienz auf. Im Jahre 1869 kam eine Anlage in Baumgarten bei Wien hinzu, woselbst die Erzeugung von gelbem Blutlaugensalz aus Stickstoff hältigen Abfallstoffen gepflegt wurde, des weiteren die Verarbeitung von Weinrückständen zu weinsauren Salzen und Rebenschwarz. Ein anderer Productions- zweig wurde später die Erzeugung von chemischen Producten für Zwecke des Färberei- und Druckerei­betriebes, sowie die Verarbeitung von verzinnten Eisenblechabfällen zur Herstellung von Zinnsalz, Chlor­zink und Eisensalzen nach einem Wilh. Neuber patentirten Verfahren. Gegenwärtig erzeugt die Firma als Hauptartikel Eisenbeizen, sowie andere Beizmaterialien für die Anilinfärberei, ferner Baryumsuperoxyd, Wasserstoffsuperoxyd, diverse Fluorpräparate und endlich Dextrin für Appreturzwecke.

Der Rannersdorfer chemischen Productenfabrik von B. Margulies & Co. ist im Nach­folgenden eine besondere Monographie gewidmet, in der auch die Thätigkeit ihres Begründers auf dem Gebiete der chemischen Gross-Industrie gewürdigt wird.

Der Actiengesellschaft Jungbunzlauer Spiritus- und chemische Fabrik, vormals Ignaz Lederer, gebührt das Verdienst, in der Melassen-Potaschenfabrication, welche sie im Jahre 1873 aufnahm, als erste in Oesterreich die Verdampfung der Schlempe in Vacuumapparaten begonnen zu haben, ebenso wie dieselbe zuerst die Herstellung hochprocentiger Potasche aus Schlempekohle mit Erfolg durchführte. Die Erzeugung an chemischen Producten der Firma besteht in Potasche, Kaliumsulfat, Chlorkaliuni und Soda, insgesammt jährlich 50.000 Metercentner. Die Firma hat überdies eine führende Rolle bei der Ver­pflanzung der Melasse-Spiritus-Industrie nach Oesterreich inne gehabt.

Die Herstellung von Schlempepotasche wird auch in vollkommener Weise von der Prag-Smichover Spiritus- und Potaschefabrik und Raffinerie Fischl & Rosenbaum in ihrem 1879 begründeten Etablissement in Slichov bei Prag betrieben. Unter Anwendung eines sehr zweckmässig construirten Verkohlungsofens eigenen Systems erfolgt die Verwandlung der bei der Spiritusfabrication sich ergebenden Melasseschlempe in Schlempekohle, aus welcher Potasche, Chlorkalium, schwefelsaures Kali und Soda in vorzüglicher Qualität producirt werden.

Die Actiengesellschaft zur Erzeugung von Kunstdünger, Chemikalien und Spodium in Pecek in Böhmen, gegründet 1872, zog ursprünglich die Erzeugung von Spodium, Schwefelsäure, sowie

389