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Die Groß-Industrie Oesterreichs : Festgabe zum glorreichen fünfzigjährigen Regierungs-Jubiläum seiner Majestät des Kaisers Franz Josef I. dargebracht von den Industriellen Österreichs 1898 ; Fünfter Band
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Oesterreich entgegengebracht wurde, half die Schwierigkeiten, die sich anfangs der Realisirung dieses Gedankens in den Weg stellten, rasch beseitigen, und als es gelungen war, ein verhältnismässig sehr geschützt gelegenes Object für die Errichtung der Anlage in der Schlucht bei Zamky nächst Rostock bei Prag ausfindig zu machen und zu erwerben, kam daselbst sehr rasch die erste Betriebsanlage für die Erzeugung von Dynamit in Oesterreich zur Ausführung.

Die Vortheile, welche die Verwendung des von Alfred Nobel im Jahre 1868 dargestellten Dynamits in der Sprengtechnik bot, waren so augenfällig, dass schon im Jahre 1870 die Verwendung des Dynamits für die Zwecke des Bergbaues auch in Oesterreich bedeutend an Boden gewonnen hatte, und als die österreichische Militärverwaltung, welche die erste war, die das Dynamit in die Heeresausrüstung aufnahm, unter die Consumenten dieses neuen Sprengstoffes trat, wuchs der Bedarf an Dynamit, von welchem zunächst nur reiner Guhrdynamit hergestellt wurde, so rapid, dass von Jahr zu Jahr Erweiterungen der Fabrik in Zamky vorgenommen werden mussten.

Einen besonderen Aufschwung verdankte diese Industrie dem Eintritte des damaligen k. k. Genie­hauptmannes des technisch - administrativen Militärcomites in Wien Isidor Trauzl 1 ) in die Leitung der Unternehmung, durch welchen der Betrieb in sicherheitlicher Beziehung in der vollendetsten Weise ausgestaltet und die Qualitäten der erzeugten Sprengmittel so wesentlich verbessert wurden, dass die Leistungsfähigkeit der Anlage in Zamky nicht mehr zureichte, um den Bedarf an diversen Sorten Dynamits, welches schon im Jahre 1880 das Schwarzpulver als Sprengmittel fast vollständig verdrängt hatte, zu decken. Es hatte dies zur Folge, dass zur Herstellung einer neuen Anlage für die Dynamiterzeugung seitens der Unternehmung geschritten wurde, für welche ein günstig gelegenes Areale in der Nähe von Pressburg gewählt wurde. Daselbst erstand unter der energischen und zielbewussten Leitung Trauzls eine neue, unter Verwerthung aller in Zamky gemachten Erfahrungen höchst zweck­mässig eingerichtete, gross angelegte Dynamitfabrik, die derzeit wohl unter den Sprengstofffabriken der Welt als grossartigste Anlage zu bezeichnen ist.

Hier wurden im Jahre 1886 die ersten Versuche für die Herstellung eines neuen Sprengstoffes gemacht, dessen Erfinder, Ernst Rubin, damals Secretär des Generaldirectors Trauzl, später selbst­ständiger Director in Pressburg, und Alfred Siersch, technischer Director der Pressburger Fabrik, sind. Auf Grund der günstigen Erfolge der Versuche mit diesem neuen, mit dem Namen »Ecrasit« bezeich- neten Sprengstoffe wurde daselbst alsbald zur Errichtung einer besonderen Fabriksanlage für die Her­stellung von Ecrasit geschritten, welches Sprengmittel seither, speciell für die Zwecke der Kriegstechnik, einen hervorragenden Rang behauptet und in der Armeeausrüstung nachgerade das Dynamit voll­ständig verdrängt hat. Die Dynamitfabrik in Pressburg ist in der Zeit vom Jahre 188990 auch die Wiege des rauchlosen Pulvers geworden. Es entstand in der Folge dort eine umfassende Betriebsanlage für die Zwecke der Deckung des Bedarfes der Armeeverwaltung an rauchlosem Pulver, eine Anlage, deren Einrichtungen durchaus originell und höchst zweckmässig sind.

So wurde die Unternehmung der Dynamitfabrication in Oesterreich, die zuerst in Zamky Wurzel gefasst hatte, indem hier eine mustergiltige Anlage geschaffen ward, in ihrer in weiterer Folge in Press­burg errichteten, aber ausnahmslos von österreichischen Chemikern, zumeist Schülern der technischen Hochschule in Prag (ausser den Genannten namentlich auch den Herren Erw. Willigk, Otto Gras, Otto Miesl, Alfred Swoboda unter Mitwirkung von Ludwig Storch), geleiteten Betriebsanlage, führend auf dem Gebiete der Sprengstoff-Industrie und der Fabrication der rauchlosen Pulver, und es darf ohne Ueberhebung gesagt werden, dass Oesterreich auf diesem Industriegebiete nicht nur mit dem Auslande, insbesondere mit Deutschland und England, gleichen Schritt gehalten hat, sondern theilweise direct ton­angebend geworden ist.

') Isidor Trauzl hatte in seiner Eigenschaft als Genieofficier Gelegenheit, bei der im Aufträge der Militärverwaltung durch­geführten Ueberwachung der Dynamitfabrik in Zamky Einblick in das Wesen dieser Fabrication zu gewinnen, und die vorzügliche technische Veranlagung und das reiche fachmännische Wissen desselben setzten ihn in den Stand, der Unternehmung mehrfach Rathschläge für die Ver­besserung des technischen Betriebes zu geben, die bewährt befunden wurden und Veranlassung dazu gaben, dass seitens der Unternehmung Trauzl der Antrag gestellt wurde, in die Leitung des Unternehmens in Oesterreich einzutreten. Hauptmann Trauzl wurde zunächst Leiter der Dynamitfabrik Zamky, trat später als Generaldirector an die Spitze des Unternehmens, aus welcher Stellung derselbe im Jahre 1892 schied. Zu dem zunächst bemerkenswerthen Verdienste Trauzls, dass derselbe schon in seiner Eigenschaft als Genieofficier in der Zeit, als der Kampf zwischen der Schiesswolle und dem Dynamit entbrannte, mit Entschiedenheit und mit Erfolg zu Gunsten des Dynamits und für die Ein­führung desselben in die Armeeausrüstung eintrat, und dass er weiters auch für die Bewilligung des Transportes dieses Sprengmittels auf den Eisenbahnen thätig war, gesellt sich die erspriessliche Thätigkeit, welche derselbe in Bezug auf die Beseitigung der Gefahren des Betriebes der Nitroglycerin- sowie der Dynamitfabrication durch die Erfindung und Einführung zweckmässiger Einrichtungen und Arbeitsmethoden in den Fabriksbetiieb entwickelte.

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