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ein Mann und hieß Nauer, der zweite die Gemahlin desselben, Namens KisbtzttL. Die Gatten erzürnten sich und Nauer entfernte sich an fünfhundert Schritte von Kisbetta. Weil aber die sie früher gemeinschaftlich umschlingende Leibbinde — worunter man eine nach allen Seiten zu gleichförmig aufsteigende Stelle der Berge versteht — zerriß, konnten sie sich nicht wieder vereinigen. Diese roh zusammengefügte Geschichte zeigt uns, wie weit die Dichtung der Nubier hinter der der Araber zurücksteht.
Heutigen Tages sind die Djebahl el Nauri von mehreren hundert Paaren Felsentauben, welche die Felder der armen Barabra ungestraft plündern dürfen, bewohnt. Nur ein einziges, hoch oben in einer Felsspalte horstendes Wanderfalkenpaar verfolgt die gefräßigen Tauben.
Unsere Reise förderte von nun an rasch. Wir näherten uns, weil der im Dahr el Mahhaß felscnfrcie Strom uns nicht mehr aufhalten konnte, der Hauptstadt Dongola täglich mehr. Am 12. Dezember störte ein Zufall noch auf kurze Zeit die Ruhe einer äußerst angenehmen Nilfahrt durch das, im Vergleich mit dem mühsam durchsegelten Battn el Hadjar reich bebaute, Palmen- land Dongola. Unser Reis zertrümmerte beim Auffahren auf die letzten Fclsblöcke, welche er zu finden glauben mochte, das Steuer unseres Bootes. Obgleich der Schaden nothdürftig wieder ausgebessert wurde, blieb der Verlust doch so fühlbar, daß die Wellen bei einem heftigen Windstoße über Bord schlugen und an dem gänzlichen Umschlagen der Barke wenig fehlte. Nachdem uns Reis Bellahl am 14. Dezember in seiner Wohnung mit Palmen- wein*) bewirthet hatte, schied er von uns. Wir fuhren weiter und landeten um Mittag auf der großen, gut bebauten und stark bevölkerten Insel Argo, auf welcher vormals ein eigner König herrschte. Der hier wohnende Eigenthümer unserer Barke machte uns seinen Besuch und beschenkte uns mit einem wohlgenährten Schafe und einem Kruge Butter, welche hier zu Lande immer flüs-
*) Ein braunes, durch leichte Währung auserlesener Datteln erzieltes berauschendes Getränk.