Dokument 
Erster Theil
Entstehung
Seite
225
Einzelbild herunterladen

F-remdenleben in Charthum.

Möcht' ich den Menschen doch nie in dieser schnöden Verirrung Wiederseh'n! Das wüthende Thier ist ein besserer Anblick.

Sprech' er doch nie von Freiheit, als könn' er sich selber regiere»!

Losgebunden erscheint, sobald die Schranken hinweg sind,

Alles Böse, das tief das Gesetz in die Winkel zurücktrieb."

Hart an der Grenze der osmanischen Besitzungen in Central- Afrika finden wir noch einmal eine Vereinigung der Repräsentan­ten verschiedener Nationen, wie wir sie in den Hauptstädten dieses ausgedehnten, sich über drei Erdtheile erstreckenden Reiches beob­achtet haben. Charthum, die südlichst gelegene Stadt von Bedeu­tung der unter türkischem Scepter stehenden Länder, verleugnet ihr türkisches Gepräge nicht. Die Bekenner dreier Religionen leben hier eben so friedlich neben einander, als jetzt früher freilich nicht in der übrigen Türkei. Ja, gerade im fernen Sudahn fallen die Schranken, welche sie überall trennen, mehr und mehr. Hier sieht der Christ nicht, wie in Egypten oder Syrien, verachtungsvoll auf den Türken herab oder umgekehrt, denn Beide fühlen es, daß sie so recht eigentlich in der Fremde leben, wo ein Mensch des an­dern mehr als irgendwo bedarf. Hier unterscheidet Beide nur noch die Sprache; die Sitten sind die der stärksten Partei. Sie sind sogar geneigt, dem sonst tief verachteten Egyptcr eine fast gleiche Stellung neben sich einzuräumen; nur die im Lande Gebornen bleiben von ihrem Verein ausgeschlossen.

Die Europäer, Türken und Egypter sind die Fremden, von deren Leben und Treiben ich jetzt sprechen will; die andern Fremden im Sudahn, als die Abyssinier, Araber, Nubier und die verschiedenen Ncgerstämme, unterscheiden sich wenig oder nicht

15