Nls der Verfasser nun schon vor geraumer Zeit Gelegenheit hatte, in Prag ein sehr interessantes Museum zu besichtigen, führte ihn der damalige Besitzer desselben auch in einen ansehnlichen Raum seiner Bibliothek, an dessen Wänden bis hoch zur Decke hinauf Werke, Bro­schüren und Fachschriften aufgestapelt waren, die ausschließlich die Frauenfrage, oder besser gesagt, die Frage des Frauenerwerbes und der Frauen-Emancipation zum Gegenstände hatten. Eine so kolossale Ausdehnung der literarischen Erzeugnisse auf dem berührten Gebiete musste an sich Verwunderung und Nachdenken erregen, und es schien zunächst gleichgiltig, welchen Wert diese Producte der Presse als solche repräsentierten. Eines der größten Probleme der Zeit stand, gebieterisch Beachtung und Lösung fordernd, vor der Seele: Das Ruhende, bisher in jahrtausend alte Schranken Gewiesene, zeigte sich von einer mächtigen Bewegung ergriffen, die Erscheinung warf ihre langen, literarischen Schatten voraus.

Seit diesem Besuche in Prag sind noch kaum zwei Decennien verstrichen, und wie ist seither diese Bewegung ins Riesenhafte ange­wachsen ! Congresse, zahllose sonstige Versammlungen und Vereinigungen, Diskussionen in- und außerhalb der öffentlichen Vertretungskörper, Enqueten an allen Ecken und Enden, Zeitungen, Compendien und Broschüren in schier unbegrenzter Menge, beschäftigen sich alle mit dem großen Thema des Frauenerwerbes: mit der Organisierung

*) Um Missverständnissen zu begegnen, erkläre ich ausdrücklich, dass ich in. dieser Schrift lediglich meine privaten Anschauungen niedergelegt habe, und dass ich die Abfassung derselben nur in der Absicht unternahm, dem öffentlichen Wohle zu dienen und zur Lösung der bei diesem Unterrichtszweige in Betracht kommen­den Aufgaben beizutragen.

v. Haymerle, Der weibliche Fachunterricht rc.

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