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Der weibliche Fachunterricht und dessen Organisierung mit Rücksicht auf die praktischen Bedürfnisse des Lebens : eine Studie / von Franz von Haymerle
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weile um sich verbreiten. Mögen diese Curse, falls es ihnen beschieden sein sollte, ins Leben zu treten, von Anfang an vor den Dolmetschen der letzteren bewahrt bleiben!

Vierte Gruppe.

Fortbildungsschulen für Mädchen, insbesondere für Lehrmädchen.

Vielleicht nirgends sind die Schwierigkeiten, den sachlichen Unter­richt in wirksamer Art zu organisieren, so bedeutend wie beim Fort- bildnngsunterricht für Mädchen. Aus der einen Seite steht man der an sich nur zu begreiflichen Forderung gegenüber, den: Bedürfnis der breiten Schichten der weiblichen Bevölkerung nach einer entsprechenden Weiterbildung der Mädchen nach dem volksschulpslichtigen Alter Rechnung zu tragen, und möglichst weite Kreise in dieselbe einzubeziehen, also mit großen Massen zu operieren, was die weitere Forderung in sich schließt, einen äußeren Zwang bei der Errichtung und für den Besuch solcher Schulen zu normieren; aus der anderen Seite steht die längst durch Erfahrung und Praxis erhärtete Thatsache, dass ein sachlicher Unterricht, wenn er kein Scheingebilde und keine Spielerei sein soll, die Individualisierung zur ersten Voraussetzung hat, also keine Massenunter Weisung duldet, daher Zwangsmaßregeln an sich schon unpopulär sich bei ihm auch nicht als zweckdienlich erweisen. Das muss man sich zuerst vorhalten, wenn man in dem Wirrsal der Debatten über Zweck und Einrichtung solcher Schulen zu einiger Klarheit gelangen will.

Man hat überhaupt über das in einer Fortbildungsschule Er­reichbare in weiten Kreisen ganz irrige Vorstellungen. Alles Mögliche glaubt man von diesen Schulen erwarten und ihnen auslasten zu können. Run ist aber eine Fortbildungsschule, wie sie hier nur in Frage kommen kann, nach dem technischen und administrativen Begriff derselben eine Stundenschule, die sich den verschiedenartigsten Bedingungen (Verfügbarkeit des Locales, der Lehrkräfte, deren Qualität, Schulzeit u. s. w.) anpassen muss und nur über eine sehr beschränkte wöchent­liche Unterrichtszeit verfügen kann. Wenn man also das, was für eine Reihe großer Fachgebiete als eine eigene Aufgabe von Speciallehr- anstalten angesehen werden muss, von der Leistung einer Fortbildungs­schule erwartet, so kann selbstverständlich die Täuschung nicht aus­bleiben. Das vermag die Fortbildungsschule einfach nicht zu bestreiten, und der Sache ist mit einem schön gedruckten Lchrplan allein nicht gedient.

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