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Der weibliche Fachunterricht und dessen Organisierung mit Rücksicht auf die praktischen Bedürfnisse des Lebens : eine Studie / von Franz von Haymerle
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Art. Wo soll jetzt die Frau die ihr unentbehrliche zeichnerische Fertig keit, und zwar wie es nöthig wäre, in einer methodisch vorzüglich ge­leiteten Weise sich aneignen? Da kann nur eine gründliche und ziel- bewusste Resorm Wandel schassen. Sie und alles mit ihr Zusammen­hängende leitet aus den Kernpunkt der ganzen Frage hin: Das heute noch Zersplitterte muss zusammengefügt, Neues muss ge­weckt und geschaffen werden. Dies ist aber undenkbar ohne die Errichtung einer Centralanstalt für die weibliche Kunst- pflege, und insbesondere einer solchen für das Kunstgewerbe. Bon der Art der Gestaltung dieser Centralstätte weiblich sachlicher Be­rufsbildung wird bei Gruppe VI die Rede sein. Alle Einwirkungen müssen von dieser Anstalt ausgehen, alle Strömungen zu ihr zurück- leiten. Die Verwirklichung dieses Gedankens würde allerdings Opfer fordern, aber sie würden reichlich ausgewogen werden durch den Erfolg. Ohne geeignetes Instrument kann auch ein Meister nicht spielen!* *)

Dritte Gruppe.

Anstalten für die Führung der Wirtschaft und des Haushaltes überhaupt.

Wer die Art der Haushaltung von jetzt gegen jene der unmittel­bar vorhergehenden Zeitepoche mit unbefangenem Auge betrachtet, kaun zwei große, tiefeinschneidende Veränderungen in der ganzen Auffassung der Aufgabe und der Führung der Wirtschaft nicht übersehen: Das stets zunehmende Schwinden dessen, was man die Tradition der Familienwirtschaft nennen könnte, des ilberlieferns der Erfahrungen von Geschlecht zu Geschlecht, von der Mutter auf die Tochter, wie sie vor noch nicht fünfzig Jahren die Regel bildete, anderseits das Hereingreifen einer bis dahin fast fremden Welt mit ihren unzähligen Erfindungen, täglichen Veränderungen und Anforde­rungen: Die culturtechnische Seite des Betriebes, von der heute weder die große, noch die kleinste Haushaltung unberührt bleibt; ist

Zeichen schulen in Österreich wurden im ganzen nur 262 männliche und weibliche Schüler unterrichtet. (Wiener Zeitung vom 26. Jänner 1900, Nr. 20.)

*) Durch die in dieser zweiten Hauptgruppe angeführten Schulen und Curse ist das Thema derselben selbstverständlich nicht erschöpft; es werden sich zweifellos noch viele Gebiete auffinden lassen, die unter den hier eingenommeneil Gesichtspunkt fallen.