3

25 Millionen Frauen waren in Deutschland bei 7 Millionen auf den eigenen Erwerb angewiesen. Der Überschuss an ehemündigen Frauen betrug annähernd drei Millionen Frauen, die wie Pros. Haus- hofer in München nachgewiesen hatmit mathematischer Sicherheit von der Verheiratung ausgeschlossen bleiben". Was wird aus diesen? Wir könnten," sagt ein deutscher Beobachter*) dieser Zustände,das gesammte Königreich Sachsen, oder drei Städte so groß wie Hamburg, oder das ganze Königreich Württemberg und das Großherzogthum Baden mit dem Überschuss an Frauen bevölkern."

Angesichts solcher Erscheinungen wird wohl niemand die Richtigkeit der Ansicht in Zweifel ziehen, dass dieFrauenfrage" ihre Wurzel in der bitteren Nothlage habe, welche die socialen Verhältnisse für einen großen Bruchtheil der weiblichen Bevölkerung geschaffen haben; dass sich darauf zum Zwecke der Selbsthilfe die Forderung auf Bildungs­und Arbeitsgelegenheit gründe, und dass diese Frage überhaupt ohne Versorgung der Unversorgten" nicht der Lösung zugeführt werden könne.**) Bei solchen klar zutage tretenden, tiefgehenden Missständen können nur eine ihres Zieles bewusste Socialpolitik und eine Reihe auf ihr fußender Maßnahmen Wandel schaffen. Eine gewichtige Rolle spielt Hiebei jedenfalls die Art, Gestaltung und Einrichtung des Unterrichtes, und dieser Frage näher zu treten scheint in der That hoch an der Zeit zu sein, wenn man sich nicht eines folgenschweren Versäumnisses schuldig machen will. Es sei daher gestattet, hier auf sie einzugehen.

Wenn man mit Rücksicht auf das Bedürfnis der breiten Schichten der Bevölkerung den ganzen Complex der in Betracht kommenden Fragen ins Auge fasst, so zeigt es sich, dass es zunächst auf die oberen Zehntausend nicht wesentlich ankommt, mögen diese in ästhetisierenden und philosophierenden Lehrzirkeln ihr Bildungsheil erblicken und in dem Betreten alter Geleise, wo die Wechselstellung für die Lebensfahrt von der mehr oder minder erfolgreichen Vertiefung in die Geheimnisse der lateinischen und griechischen Grammatik abhängig ist, oder mögen sie mehr praktischen Zwecken huldigen. Hier sei nur konstatiert, dass in den Anschauungen der meisten Culturstaaten und auch in jener der österreichischen Unterrichtsverwaltung gegenüber der Auffassung vor noch

*) Gnauck-Kuhne.

**) Schaffte sagt in feinem Buche: Bau und Leben des socialen Körpers: Die Frauenfragen find ein pathologisches Product."

1 *