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in Ol und Aquarell verzichtet und eine große Accuratesse im Zeichnen nach der Natur pflegt. Darauf kann später eine tüchtige Fachbildung mit gewissenhaftem Studium der handwerksmäßigen Seite sich auf­bauen." Mit einer gewisfen Einschränkung wird man wohl allgemein dieser Ansicht beipflichten können; es ist bekannt, wie großartig die Musterzeichnerin" in England, in Frankreich und auch theilweise schon in Deutschland sich bewährt hat.

Ein zweites riesiges Arbeitsfeld ist das des Costüms und der mit demselben zusammenhängenden großen Gebiete. 1890 gehörten in Österreich der Bekleidungsindustrie natürlich in ihrer ganzen Ausdehnung circa 1,155.000 Personen an. Da sollte das Kunstgewerbe, beziehungsweise eine gewisse, beschränkte Zahl speciell herangebildeter Kräfte keinen lohnenden Erwerb finden? Es sei nur u. a. daran erinnert, dass bei den großen Unternehmungen, wo Fachzeichner besonders gebraucht und verwendet werden, nur ver­schwindend wenige Frauen Stellungen innehaben, also auf dem ihnen ureigenen Boden! Freilich erheischt die Jntroduction der Sache und die richtige Beeinflussung der Industrie und des Gewerbes hier eine sehr große Terrainkenntnis; es würde viel Detailstudium und Mühe kosten, um das zweifellos erreichbare, aber weitgesteckte Ziel zu er­greifen.

Oder sollte derDecor", speciell das CapitelSchmuck", die decorative Kunst im weitesten Umfange bis zum eigentlichen Arrangement, den Frauen nicht mehr wie bisher dankbare Arbeits­stellen erschließen? Das ist nicht anzunehmen, wenn man auch zugeben mag, dass Vieles eben nicht schulmüßig erlernt werden kann. Die angeführten Beispiele dürften genügen, um den Weg und die Richtung erkennen zu lassen, wie wir die Sache geführt sehen möchten.

Die unerlässliche Voraussetzung jeder Reform bildet aber die Gründung vorzüglicher Zeichenschulen für Frauen. Wien hat seit die Pforten der Kunstgewerbeschule den Frauen fast ver­schlossen wurden*) eine, sage eine staatliche Zeichenschule dieser

Nach dem letzten officiellen Bericht über das Schuljahr 1899/1900 be­fanden sich an der Wiener Kunstgewerbeschule noch 38 weibliche Zöglinge früherer Jahrgänge, darunter 31 in den Abtheilungen für Malerei. Eine Neu­aufnahme weiblicher Zöglinge hat nicht stattgefunden. An der Kunstgewerbe­schule in Prag waren 58 weibliche Zöglinge (38 in der Zeichen- und Malschule, 20 in der Abtheilung für Kunststickerei) eingeschrieben. Die Fachschule für Kunststickerei inWien wurde von62, der Centralspitzeneurs von22Schüle­rinnen besucht. In den bestehenden vier (!> staatlich erhaltenen allgemeinen