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und den Umfang der gewöhnlichen kleineren Wirtschaft und die höhere Anforderung auf der oberen Stufe derselben be­rücksichtigen und zum Ausdruck bringen sollen.

Bevor wir nun der Sache näher treten, fei vorerst der Versuche gedacht, die namentlich in fremden Staaten in Bezug auf den Haus­haltungsunterricht schon gemacht worden sind. In England und Schweden hat man u. a. die Volksschulen theilweise zu Stätten einer prak­tischen Unterweisung im Koch- und Arbeitsunterricht gemacht, und auch bei uns sind Stimmen laut geworden, welche die gleiche Einrichtung empfehlen.^ Dagegen wurde namentlich in Deutschland sehr ent­schieden Stellung genommen*) **), und zwar in der Erwägung, dass die Volksschule für dieses Experiment nicht der geeignete Boden sei, dass das Schülerinnenmateriale noch zu unreif wäre, dass eine solche Einrichtung, wenn sie obligat sein soll, einen ganz enormen Aufwand erheischen würde, dass man nicht über praktisch geschulte Lehrkräfte in so großer Zahl verfügen könnte u. s. w. Wir theilen diese Ansicht und fügen nnr bei, dass es sehr fraglich ist, ob eine derartige Einrichtung bei uns ohne Änderung des Reichsvolksschulgesetzes überhaupt eingeführt werden könnte, und was eine solche Änderung bedeutet, braucht man wohl keinem Sachverständigen zu sagen.

Frankreich hat dagegen, abgesehen von seinen noch theilweise aus der Zeit Napoleons I. stammenden Specialschulen***), einen theore­tischen Haushaltungsunterricht, sowieGesundheitslehre" als obligaten Gegenstand in seine, seit 1884 begründeten-s) staatlichen höheren Töchterschulen (I^eöes) aufgenommen, eine Einrichtung, die auch bei uns und in Deutschland Eingang gefunden hat. Ein gründlicher Kenner und scharfsichtiger Beurtheilet' des französischen Schulwesens 77 ) macht hinsichtlich des erwähnten Unterrichtes in den Lyceen folgende

*) Vgl. M. Kittner, a. a. O. S. 10 u. folg., und Bergmann,Schwedisches Unterrichtswesen".

**) U. a. Dr. Lehmann,Deutsche Fortbildungsschule", S. 117. Anderseits hat eS auch in Deutschland nicht an praktischen Versuchen gefehlt, z. B. an den Berliner Gemeindeschulen (Teutsche Frauenzeitung in Berlin 1900, Nr. 6), wo im letzten Jahre die höchsten Classen von neun Mädchenschulen, im ganzen 225 Mädchen, in 3739 Lectionen Kochnnterricht erhielten, infolge einer Ver­anstaltung des Vereines für das Wohl der aus der Schule entlassenen Jugend.

***) Die Anstalten der le^-ion äNonnsni-, insbesondere für das Hauswesen in Lvges.

i) Gesetz vom 21. December 1880.

17)Das weibliche Nnterrichtsweseu in Frankreich" von Dr. I. Wychgram, Leipzig bei Reichardt.