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Ein Kenner des Fortbildungsschulwesens für Mädchen, Dr. K a inp in Frankfurt a. M., fagt bei diesem Thema in seinem Buche: „Die Praxis der Mädchen-Fortbildungsschulen": „Bon allen Freunden der Weiterbildung der Mädchen über die Volksschulzeit hinaus wird erkannt und beklagt, dass diese Weiterbildung in einer Weise erfolge, welche klare Erkenntnis des Hauptzweckes und der besten Mittel dazu vermissen lasse. Die Zersplitterung im Mädchen-Fortbildungswesen trotz dessen jugendlichen Alters hat bereits Zustände gezeitigt, die von der zu erstrebenden systematischen Organisation weit abliegen." — Nun fehlt es aber solchen Schulen auch noch häufig an qualisicierten Lehrkräften, obwohl man sich nachgerade schon daran gewöhnt hat, dem Lehrer oder der Lehrerin einer Volks- oder Bürgerschule Kunststücke zuzumuthen, die selbst der gewandteste geistige Trapezkünstler in dieser Vielseitigkeit nicht zu leisten vermag; die Proben dieser Kunst fallen auch mitunter darnach aus. Also man bleibe uns mit der Fortbildungsschule als Allerweltsmittel vom Leibe!
Eine weitere, gewichtige Erwägung knüpft sich an die anscheinend so berechtigte Forderung, solche Schulen für Mädchen als „obligatorische" zu erklären. Da muss man auch erst genau zusehen und striete unterscheiden: zwischen der obligatorischen Errichtung derartiger Schulen und zwischen der Verpflichtung hinsichtlich des Besuches von bestehenden, aus freiem Willen der betheiligtcn Kreise geschaffenen und von ihnen erhaltenen Anstalten, und zwar nach Maßgabe der Möglichkeit einer Unterweisung innerhalb der Grenze der getroffenen Einrichtung?»
In ersterer Beziehung muss daran erinnert werden, dass Pflicht- schulen in diesem Sinne überhaupt nur in einigen Staaten als Fortführung des allgemeinen Volksschulunterrichtes, also als eine Wieder- holungs- und Weiterbildungsschule im Bereiche dieses allgemeinen Unterrichtes — allenfalls versehen mit ein paar Randverzieruugen — bestehen, demnach gar nicht in den Rahmen des Fachunterrichtes fallen.*) **) Für diesen hat man eine ähnliche
*) Bgl. die öfterr. Gewerbeordnung und das sie theilweise nwdificiercnde Gesetz vom 23. Februar 1897, R. G. Bl. Nr. 63.
**) Solche Curse „zum Zwecke der allgemeinen Fortbildung der Mädchen" haben auch der Z10 des bsterr. Reichsvolksschulgesetzes und die Miuist.-Ver- ordnung vom 10. April 1885, Z. 1985, M. B. Bl. Nr. 15, im Auge. In Österreich wurden übrigens bei der letzten amtlichen Erhebung bei 64.000 Mädchen gezählt, welche einen „Wiederholungsunterricht" in den Gegenständen der allgemeinen Volksschule genossen haben.