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u) Lentral'anliali für weibliche s'uMpllege.

Die fachliche Ausbildung von weiblichen Arbeitskräften für den Dienst in der Kunstindustrie und für die mit ihr zufammenhängenden technifchen Verfahrungsarten fordert eine Concentration des Unter­richtes an einer Anstalt in einer ähnlichen Form, wie sie vor­wiegend für die männliche Bevölkerung in den Kunstgewerbeschulen schon längst besteht. Beiden Anforderungen, die eben eine fpeeielle Behandlung erheischen, wirklich gerecht zu werden, wären diese auf die Dauer sicher nicht in der Lage. Der Markt der Weltindustrie, die in ihm auftretenden Veränderungen der Mode, des Geschmackes, der Kaufkraft, sowie die daraus entspringende Nöthigung zu wechselnden Vorkehrungen für die Erhaltung der Concurrenzsähigkeit, zwingen dazu, die Dinge fort­gesetzt von einer höheren Warte aus zu überschauen und ihre Gestaltung darnach einzurichten. Das ,stni886L tnire, 1ni8862 aller" ist nirgends so wenig am Platze wie hier. Dementsprechend muss auch die Organi­sation des kunstgewerblichen Unterrichtes eine freiere, aber stets in sachlicher Hinsicht möglichst übersichtlich geleitete sein, beziehungsweise diesen variablen Bedürfnissen Rechnung zu tragen verstehen.

Die erste Voraussetzung hiefür ist auf unserem Gebiete eine Reorganisation der im Argen liegenden, ganz unzureichenden Zeichen­schulen für Mädchen und Frauen; diese sollten die Basis für das Materials abgeben, welches dem eigentlich sachlichen Unterricht an der Hauptanstalt für die weibliche Kunstindustrie zugeführt würde. Natürlich dürfte sich eine solche Reform nicht aus Wien oder allenfalls auf Prag allein erstrecken, sondern müsste einen viel weiteren Umfang erhalten. *)

Ferner müsste, außer der Errichtung vorzüglich geleiteter Zeichen- und Malschulen, insbesondere für das Ornament und für den Blumen- decor, und außer der Aetivierung einer eigenen Modellierabtheilung, in der Hauptsache alles das an dieser künftigen Anstalt vereinigt werden, was gegenwärtig vereinzelt entweder einer nicht gerechtfertigten Ausdehnung zustrebt (Fachschule für Kunststickerei, Centralspitzencurs u. a.) oder wegen Mangel an genügender Leitung und Dotierung nicht lebens- und leistungsfähig erhalten werden kann. Dazu kämen einige, von uns bereits behandelte große, bis jetzt aber zu wenig berücksichtigte Gebiete.**)

Nebenbei bemerkt sind die offenen Zeichensäle für Frauen, wie sie an einigen gewerblichen Lehranstalten bestehen, von zu ungleichem Werte und von sehr verschiedenartiger Leistung.

**l Vgl. Zweiter Abschnitt, Gruppe II, 6:Kunstgewerbliche Schulen und Curse".