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Die Ammoniak-Industrie ist namentlich in Deutschland, Frankreich und England zu hoher Bedeutung gelangt. In Deutschland ist es die schon seit 40 Jahren bestehende Fabrik Kunheim in Berlin, der ganz besonders die Förderung dieser Industrie zugeschrieben werden muss. Diese Firma verarbeitet fast sämmtliche Gaswässer der Berliner Leuchtgas-Fabriken und wird in der Quantität der gewonnenen Ammonium-Salze nur von der PariserCompagnie des gaz übertroften. Sehr belehrend ist hier die Verarbeitung der Lamingschen Gasfabriks-Bückstände, welche, nebenbei gesagt, auch von der berühmten Wiener Firma Wagenmann, Seybel & Comp, vortrefflich ausgenützt werden. Die Lamingsche Masse, ein Gemenge von Eisen-Oxyd und Kalk nimmt bekanntlich als Material der Gasreinigungskästen eine an­sehnliche Menge von Ammoniak, Schwefel und Cyan-Verbindungen auf. In der Verarbeitung dieser für die Gasreinigung unbrauchbar gewordenen Rückstände werden nun die Ammoniak-Salze durch W asser-Waschungen ausgezogen; dann wird der Rückstand mit Kalk zerlegt, wobei ein Doppel-Cyanür in Lösung kommt, aus welchem durch Fällen mit Kalium-Sulphat gelbes Blutlaugensalz dargestellt wird. Der endlich verbleibende Rückstand wird als Röstmaterial zur Gewinnung von Schwefel-Dioxvd für den Bedarf der Schwefelsäure - Bleikammern verwerthet, wobei schliesslich wieder ein eisenoxydhältiges Material verbleibt, welches ganz vor­züglich von Neuem zur Gasreinigung verwendet werden kann. Wir denken hier insbesondere an die Abfälle der Gasfabriken von Triest, Laibach, Görz und des Litorales, und sind der Ansicht, dass hier genügendes Material geboten wäre als Grundlage eines besonderen Industriezweiges. Eine andere ökonomisch an den meisten Orten nicht ausgenützte und dennoch ausserordentlich reiche Quelle von Ammoniak ist im gefaulten Harn geboten. Unbestreitbar ist es die Fabrik zu Bondv bei Paris, welche diesen Schatz am besten zu verwerthen versteht. Der Gesamint-Inhalt der Latrinen und Kloaken von Paris wird in La Villette deponirt und von dort durch die Arbeit colossaler Pumpen in ein bei Bondy mitten im Walde gelegenes Reservoir geleitet, wo man die Harnfiüssigkeit der Gährung überlässt. Dabei sondert sich