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losen Abklatsch des Original-Stiches möglich und zur Freude jedes Kunstfreundes den Stahlstich entbehrlich.

Hingegen erstand dem Kupfer- und Stahldrucke in der Lithographie ein mächtiger Ooncurrent, welcher in kurzer Zeit den kalligraphischen Theil des Kupferstiches und -Druckes besei­tigte und durch Vervollkommnung der lithographischen Kreide­manier auch dem Kunstdrucke grossen Eintrag machte. Unstreitig konnten Kunstblätter aus den Anstalten von Fr. Hanfstängel in Dresden, von Lemercier in Paris u. A. neben den schönsten Kupferstichen ebenbürtig auftreten.

Heiden Fächern, dem des Kupferstiches, wie der Litho­graphie, hat die Photographie*) das Feld streitig gemacht. Dass trotzdem in der Wiener Ausstellung der Kunstdruck vom Kupfer­stiche so zahlreich und so meisterhaft vertreten war, ist ein erfreulicher Meweis der Wiederbelebung dieses herrlichen Kunst­zweiges, um so erfreulicher, als in Folge starker Bevorzugung der photographischen Keproductioneu von Seite des PuMicums die meisten Verleger durch ein Peceiinium Anstand genommen haben, sich an Publicationen von Kupferstich-Werken zu wagen, wodurch nicht nur das Proletariat der Stecher ganz verschwand, sondern auch die tüchtigsten Kräfte in schwere Hedrängniss gerathen sind.

Heute wie 1867 hat Frankreich sein Uebergewicht an Lei­stungen im Kupferstich-Fache documenlirt; dieses Uebergewicht verdankt es der sorgsamen Pflege, welche ihm von Seite der Regierung, von Ludwig XIV. bis auf den heutigen Tag zu Theil geworden ist. So ist es denn nicht zu verwundern, dass Frank­reich numerisch am stärksten vertreten war; wir fanden aus­gezeichnete Stiche von Hertinot, Uaillard, Rousseau etc. Kadi-

*) W von Kaulhach in München vertraute zuerst die Ucproduction seiner Cartons der Photographie an und erschienen in bis dahin ungeahnt rascher Aufeinanderfolge jene epochemachenden Plätter Goethescher Frauen­gestalten. Neben unbestreitbarer Treue in Wiedergabe der Contouren wurde durch die Photographie eine Schnelligkeit des Erscheinens der Ausgaben erzielt, wie sie auf keine andere Art möglich gewesen wäre, und dieser Gewinn allein war in unserer raschlebigen, ungeduldigen Zeit hoch anzu­schlagen.