& Comp, in Berndorf) herrschte vor, und von Schmucksachen erregten durch ihre Fremd­artigkeit ungarische mit Filigranemail, sowie Wiener Nielloarbeiten, die damals «Tula» genannt und vielfach für wirklich russisch gehalten wurden, und böhmischer Granatschmuck die Auf­merksamkeit. Eisenguss von Kitschelt und aus der fürstlich Salmsehen Giess er ei kam eben damals in Aufschwung.

Wenn wir endlich einen Blick auf die Keramik werfen, begegnen wir dem letzten Erfolge der Wiener ärarischen Porzellanfabrik mit Gemälden von Nigg, daneben den aufstrebenden Privatanstalten zu Pirkenhammer, Schlaggenwald, Elbogen und den Stein- gfutwaaren von Altrohlau und von Hardtmuth in Budweis. Glas war vornehmlich durch

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die Harrachschen Hütten und Meyrs Neffen in Winterberg vertreten, anerkennens- werth in der Masse, aber noch befangen in der Vorliebe der damaligen Zeit für bunten Ueberfang.

Schliesslich darf nicht unerwähnt bleiben, dass die einzige höchste Auszeichnung der k. k. Hof- und Staatsdruckerei zufiel, deren orientalische Lettern als die vorzüglichsten ihrer Art gepriesen wurden.

Volle Befriedigung empfanden, wie schon angedeutet worden ist, die Aussteller selbst nicht. Sie erkannten rückhaltslos an, dass sie lernen und vorwärtsstreben müssten, ver­langten aber auch kräftigere Förderung durch den Staat, namentlich Erleichterung der Credit- beschaffung, da die Mehrzahl der Gewerbsleute nicht über genügende eigene Capitalien zu verfügen hatten. Man war daher im Durchschnitte geneigt, auf die Nachahmung der neuen wirthschaftlichen Schöpfungen und Experimente in Frankreich übertriebene Hoffnungen zu setzen. Aber es sollte sich bewähren, dass die beste Unterstützung des Gewerbes in der Schaffung von Arbeitsgelegenheiten besteht. Solche Gelegenheit boten der Bau des Arsenals in Wien, an dem eine Gruppe von Architekten, Ludwig Förster, van der Nüll, Theophil Hansen und Rösner betheiligt waren, der Bau der Heilandskirche und des Bankgebäudes auf der Freiung durch Heinrich Ferstel, und namentlich dem Letztgenannten wussten es tüchtige Industrielle Dank, dass er ihnen die Möglichkeit bot, ihr Können bei der Lösung höherer Aufgaben zu bewähren. So wurde das Bankgebäude eine treffliche Schule für Anton Detoma, der dann fast in ganz Europa Paläste mit stucco-lustro ausstatten musste, und für den Kunstschlosser Ludw. Wilhelm, der freilich zu Anfang noch die Unterweisung von Goldschmieden zu benutzen hatte, weil künstlerische Schmiedearbeit so lange Zeit nicht mehr gepflegt worden war. Erwähnen wir noch den Nordbahnhof von Ehrenhaus, die evan­gelische Kirche in Gumpendorf und die Leopoldstädter Synagoge von L. Förster, das Carl- theater von van der Nüll und Siccardsburg, so dürfte die Zahl der Monumentalbauten aus dem ersten Jahrzehnt des hier zu behandelnden Zeitraumes erschöpft sein.

Die bürgerliche Baukunst ruhte beinahe vollständig. Dass die Stadt Wien längst nicht mehr für die stetig zunehmende Bewohnerzahl genügte, war allgemein anerkannt und wurde viel beklagt. Wohl waren an der Peripherie Baugründe genug zur Verfügung, aber ihrer Ausnutzung stand die örtliche Gewohnheit hindernd im Wege. Unter «Wien» dachte man sich noch immer ausschliesslich die Innere Stadt, die einer Ausdehnung nicht fähig war, und als Erzherzog Carl Ludwig seinen Wohnsitz auf der Wieden nahm, begriffen nur Wenige, weshalb der Fürst «so weit hinausziehen» wolle. (Eigene Erzählung Seiner kaiserlichen Hoheit.) Vollends was jenseits der alten Vorstädte lag, galt als «Land». Im Sommer 1857 besprach endlich ein hervorragender Publicist, Bernhard Friedmann (f 1880), die Frage der «Wohnungsnoth in Wien» gründlich im Zusammenhänge mit den socialen, sanitären und

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