man dabei auch die Schattenseiten der grossen Ausstellungen kennen gelernt, dachte über deren wirthschaftliche Bedeutung anders als früher. Sie waren oft friedliche Schlachten genannt und mehr Aehnlichkeiten dafür entdeckt worden, als wirklich vorhanden sind. Denn da gibt es keine Heeresleitung, die an letzter Stelle verantwortlich gemacht werden könnte. Man glaubt wohl die Streitkräfte der Gegner zu kennen, allein ihre Vorbereitungen zum Wettkampfe können leichter geheimgehalten werden als die Rüstungen für einen wirklichen Krieg, so dass der Aufmarsch die grössten Ueberraschungen bringen kann. Es werden nicht grosse Schlachten der modernen Zeit geschlagen, sondern Einzelkämpfe wie in alten Zeiten, jeder Industriezweig hat mit zahllosen Kämpfern zu ringen, und der Sieg hängt zu oft nicht von Tüchtigkeit und Tapferkeit, sondern von unberechenbaren Nebenumständen ab. Rüsten muss sich daher jeder Aussteller aufs Aeusserste, grosse Kosten aufwenden, für die ihm ausreichende Entschädigung auch bei glänzendem Ausfall des ganzen Unternehmens keineswegs gewährleistet ist. Mit Recht wurde gefragt, ob es billig sei, die Aussteller auch noch durch Beisteuern zu dem Betriebsfonde des Ausstellungsunternehmens zu belasten, und forderte, dass im Falle eines Ueberschusses zuerst die sogenannten Platzzinse an die Aussteller zurückzuzahlen seien, — ein Anspruch, der lange Zeit mit Zähigkeit bekämpft, aber endlich doch als berechtigt anerkannt worden ist. Das Wort «Ausstellungsmüdigkeit» kam auf und sie trat zurück nur zu Gunsten von Unternehmungen, die bei bescheidenerem Umfange auch geringeren Aufwand und gleichzeitig leichteres Beachtetwerden zu verheissen schienen. Aber auch in kleinen Verhältnissen musste die Unternehmungslust eingedämmt werden, da allerorten der Versuch gemacht wurde, Jahrmärkte, Kirchtage und andere Volksfeste mit Hilfe staatlicher Unterstützung zu Industrie-Ausstellungen aufzuputzen.
Das erste Unternehmen, dem die österreichische Kunstindustrie, wiewohl zögernd, wieder Interesse zuwandte, war die deutsch-österreichische Kunst- und Kunstgewerbe-Ausstellung in München im Jahre 1876. Und sie hatte das nicht zu bereuen. Die freundnachbarlichen Beziehungen zu Bayern hatten durch politische Ereignisse keine Einbusse erlitten, München besitzt einen sehr schätzbaren Vorzug in dem aus dem Jahre 1854 stammenden Glaspalaste, und die Vereinigung von hoher und decorativer Kunst bildete eine neue Anziehungskraft. Oesterreich stellte sich denn auch in München und 1877 in Amsterdam, wo ein internationaler Wettstreit um die Lösung bestimmter Aufgaben veranstaltet wurde, so vortheilhaft dar, dass von Fremden das Wort «an Siegen und an Ehren reich» neidlos auf unser Kunstgewerbe angewendet wurde. An beiden Plätzen hatten das Oester- reichische Museum mit der Kunstgewerbeschule die Führung, das Hauptverdienst um die Vorbereitung und Durchführung des Feldzuges — um auch einmal jenes Bild anzuwenden! — erwarb sich in beiden Fällen wieder Josef Storek, und neben der alten Garde der Industriellen verdienten sich mehrere Jüngere die Sporen, z. B. der Fayencefabrikant Schütz in Cilli und der Goldschmied Lustig mit seinen Nielloarbeiten.
Solche Erfolge der österreichischen Kunstgewerbe trugen viel dazu bei, den Wetteifer überall wieder anzufachen. Schneller, als wünschenswerth gewesen wäre, folgten einander, sich zwischen die grossen Unternehmungen zu Paris (1867, 1878, 1889) einschiebend, allgemeinere und Specialausstellungen, und wenn auch bei letzteren der eigentliche Zweck davon weitab lag, wusste man meistens einen Vorwand zur Einbeziehung der Kunstindustrie zu finden, die nun einmal für Ausstellungsbesucher den grössten Reiz zu entfalten pflegt. Der Niederösterreichische Gewerbeverein machte zuerst 1880 den Versuch, aus dem Mittelgebäude der Weltausstellung von 1873, der sogenannten Rotunde, durch eine Gewerbe-
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