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])) Aufyesclinittone Stickerei oder Siivonneriestickerei.

Die Teclmik der Savonneriestickerei wurde in Wien bisher grösstentheils nur durch Arbeiten repräsentirt, die vom ästhetischen Standpuncte aus verwerflich erscheinen; in die­selbe rangiren die Kissen mit Blumen, Früchten und Thieren, welche in naturalistischer Weise gehalten, eine Zeitlang sehr in Mode gewesen, nun aber der verdienten Missachtung anheinigefallen sind. Kationeil betrieben und von artistischen Grundsätzen geleitet, könnte dieser Industriezweig eines grossen Aufschwunges fähig sein; doch dürfte auch hiebei der Mangel an tauglichen, besser vorgebildeten Arbeitskräften hindernd einwirken.

Im Grossen und Ganzen ist die hiebei beobachtete Technik der bei der Sammtweberei geübten ähnlich. Es wird nämlich nach einem gemalten Tupfmuster auf Canevasgrund- lage der entsprechende Schafvvollfaden über eine mit schneidigem Ende versehene Metall­nadel gestickt, und wenn alle auf einer Linie des Tupfes ersichtlichen Punete durch Faden- stickung hergestellt sind, wird mittelst des schneidigen Endes der Nadel die entstandene Reihe von Wollmaschen aufgeschnitten. Nach Vollendung der ganzen Arbeit wird der nicht überstickte Canevas herausgeschnitten und der Flor (die entstandenen Wollfasern) geschoren. Eine möglichst gleichmässige Behandlung ist hiebei unerlässlich, soll anders die ganze Arbeit nicht unbrauchbar werden.

F) Merlin- uml Canevasstickerei.

Dieselbe ähnelt in ihren Effecten zum Theile jener der Gobelinsweberei, besonders wenn sie mittelst des schwierigeren Perlstiches ausgeführt wird; bei dem gewöhnlichen Kreuz­stiche sind Effect und Arbeit viel gröber und entfernen sich von jenen der Gobelins. Nach einer auf Carta rigata (Tupfpapier) gemalten Vorlage wird mit Wolle, Seide oder Chenille auf Merlin oder Canevas derart gestickt, dass immer je ein Carreau der Vorlage einem Zwischenräume des Canevas oder Merlins entspricht.

Die Stickerei auf Lochpapier ist ihrer Technik nach ganz dieselbe, findet aber zumeist nur auf kleinere Objecte Anwendung.

G) Weissstickerei und Tainbourirung.

Dieser eine sehr grosse Verbreitung geniessende Industriezweig dürfte der für die Arbeiterinnen relativ am wenigstens lucrative sein; im Allgemeinen ist es eine Art Flachstickerei und die Technik erleidet nur rücksichtlich des verwendeten Materials und des Zweckes einige unwesentliche Abweichungen von jener der Seidenstickerei.

Die höchste Stufe der Vollendung erreicht die Weissstickerei in der Guipure- und Spitzenimitationstechnik, welche letzteren Zweige aber vermöge der grossen Anfor­derungen, die sie an die intellectuelle Arbeitskraft stellen, ein nur geringes Contingent derselben beschäftigen.

Wie bei der Weissstickerei ist auch bei der Tambourirung in gleichem Materiale dasselbe zu bemerken, was für die Tambourirung in Seide erwähnt wurde.

Was die Arbeitsverhältnisse der Stickereigewerbe Wiens im Allgemeinen betrifft, ist Folgendes zu bemerken:

Die Dauer der Lehrzeit ist je nach der individuellen Befähigung sehr verschieden, jedoch ist es erfahrungsgemäss geboten, dieselbe bei Erlernung der Flach- und Hochstickerei mittelst Metallgespinnst, der Flach- und Hochstickerei mit Seide, der Applications- und Mosaik­stickerei nicht unter drei Jahren anzunehmen; für die anderen Branchen genügen kürzere Zeiträume.