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Die Verwendung weiblicher Arbeitskräfte in der Fabriks-Industrie und in einzelnen Zweigen des Verkehrswesens Österreichs : Weltausstellung 1873 in Wien ; erläuternder Text zu einer Abtheilung der Ausstellung im Frauen-Pavillon / verfasst von Carl Holdhaus und Franz Migerka
Entstehung
Seite
75
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Gruppe YI.

Leder- lind Kautschuk - Industrie.

Safian-Leder- und Mützenschirm-Erzeugung.

Bei diesem Industriezweige werden Mädchen und Frauen zu nachstehenden Arbeiten verwendet:

1. Zum Spannen und Trocknen der gefärbten Felle.

Die gefärbten Felle, wie sie aus der Färberei hervorgeben, müssen, um getrocknet zu werden, auf Rahmen von ungefähr 4[J' aufgespannt werden. Hiezu sind 2 Mädchen nöthig, welche das Fell mit starken, in ein 2 Zoll breites Holzstück eingefügten Draht- Stiften durch Aufschlagen mit einem Hammer auf dem Rahmen befestigen.

Die Arbeit geht so rasch von Statten, dass zwei Mädchen in einem Tage bis 40 Dutzend Felle aufzuspannen vermögen. Früher, wo die Drahtstifte selbständig verwendet wurden, ging die Arbeit weit langsamer vor sich, weil die Drahtstifte nicht so leicht mit der Hand zu erfassen und mit Einem Hammerschlag zu befestigen waren. Auch wurde das Leder vielfach beschädigt.

Die Mädchen werden per Dutzend mit 6 bis 8 kr. entlohnt.

Yorkenntnisse sind zu dieser Arbeit nicht erforderlich; in 14 Tagen bis höchstens 3 Wochen lässt sich die nöthige Fertigkeit aneignen.

Die gespannten Felle kommen sodann in eine mit Luftheizung erwärmte Stube, wo sie von erwachsenen Mädchen gewendet werden, damit sie schnell trocknen. Der Lohn be­trägt 5 fl. per YYoche.

2. Das Beschneiden, Einfeuchten und Glänzen des Safianleders.

Die getrockneten Felle kommen auf die Zuschneidmaschine, wo die von den Draht­stiften durchlöcherten Kanten abgeschnitten werden. Hiemit sind 2 Mädchen beschäftigt, deren jedes 4 fl. per Woche verdient.

Die zugeschnittenen Felle werden alsdann mit Zuhilfnahme eines Schwammes mit Eiweiss überstrichen, damit beim Glänzen die Kugel leicht darüber gehe, und die Farbe nicht abstosse. Es ist dies eine ganz leichte Arbeit, Avelche von jüngeren Mädchen ver­sehen wird, die ca. 2 7 2 fl. an Wochenlohn erhalten.

Das Glänzen des Safianleders geschieht durch Glanzmaschinen, unter welche das Leder gelegt und langsam durchgezogen wird. Auch diese Arbeit ist nicht schwer, doch erfordert sie Hebung und Vorsicht, damit die Finger von der Maschine nicht erfasst wer­den; darum werden dazu nur ältere, bereits eingeübte Mädchen verwendet.

Die Lehrzeit dauert ca. 1 Monat.

Der Wochenlohn beträgt 3'/ 2 bis 4 fl.