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Schuhwaaren-Industrie.

Die Schuhwaaren-Industrie ist zur Zeit Gegenstand des Betriebes durch das Klein­gewerbe und des fabriksmässigen Betriebes. Im Kleingewerbe, in das man am richtigsten jenen Meister reihen dürfte, der nach Mass arbeitet, wird dieser durch seine Gattin oder seine Töchter in der Herrichtung der Obertheile sowohl, wie in der Herrichtung des Sohlen­leders unterstützt. Es lassen sich daher bei dem Kleingewerbe bestimmte Zahlen in Bezug auf den Verdienst oder die Menge der verwendeten Frauen nicht aufstellen. Anders Verhaltes sich bei dem fabriksmässigen Betriebe, in welchem das Princip der getheilten Arbeit Eingang gefunden hat. Durch ihn wurde der Frauenarbeit auch in dieser Industrie ein grosses Ar­beitsgebiet erschlossen, das sich nach Mass der Vervollkommnung der Fabrikation unter dem Einflüsse neuer Hilfsmaschinen unzweifelhaft noch sehr ausdehnen wird. In der Gegen­wart sind bei dem fabriksmässigen Betriebe verwendet:

1. Maschinenstepperinnen. Diese haben die zugeschnittenen, für die Maschine vorgerichteten Tlieile des Obertheils zusammenzunähen, sowie etwaige Verzierungen am Leder und Stoffe zu steppen. Die Arbeit ist anstrengend und es werden daher bei ihr ausser Frauen nur erwachsene Mädchen verwendet. Die Lehrzeit beträgt 3 bis 4 Wochen, der wöchentliche Verdienst 8 bis 16 fl.

2. Her richte rinnen, deren Arbeit darin besteht, die einzelnen Bestandtheile bevor diese zur Maschine kommen, zusammenzuheften, sowie die von der Maschine gelieferten Obertheile auszufertigen. In diese Classe reihen sich : Einfütterinnen, Ausfertige- rinnen, Knopflochnäherinnen etc. Die Arbeit ist leicht, die Lehrzeit währt 8 bis 14 Tage. Ein Theil dieser Arbeiten wird auch ausser dem Hause besorgt. Der wöchentliche Verdienst beläuft sich auf 5 bis 8 fl.

8. Pa pp er innen. Diese haben die zugeschnittenen Theile, namentlich bei Ober- theilen von Leder, mit Pappe zusammenzukleben, damit sie von der Maschine zusam­mengenäht werden können. Die Arbeit ist nicht anstrengend, erfordert jedoch grosse Genauigkeit und wurde bis vor Kurzem nur von Männern ausgeführt. Die Lehrzeit be­trägt 4 bis 6 Wochen, der wöchentliche Verdienst 6 bis 8 fl.

4. Aufputzmacherinnen. Ihre Aufgabe ist es, die Bandverzierungen für Damen- stiefletten, die Kosetten, Maschen etc. anzufertigen und auf die fertigen Stiefletten anzu­nähen. Die Arbeit ist leicht und es können ganz junge Mädchen dazu verwendet werden. Die Lehrzeit beschränkt sich auf 8 bis 14 Tage, der wöchentliche Verdienst erreicht die Höhe von 3 bis 8 fl.

5. Packerinnen haben die fertigen Stiefletten ordnungsmässig in Cartons oder Papier zu packen und Etiquetten anzukleben, die den Inhalt anzeigen. Die Arbeit ist in wenigen Tagen erlernt, der wöchentliche Verdienst beträgt 6 bis 7 fl.

Die Anzahl der in diesem Industriezweige verwendeten Frauen lässt sich nicht mit Genauigkeit angeben. Um eine Uebersicht zu haben, wie sich bis jetzt die Frauenarbeit zur Zahl der in diesem Industriezweige verwendeten Männer verhält, sei des in dieser Branche bedeutendsten Etablissements gedacht, nämlich der Wiener Schuh waaren-Fabriks-Actien- gesellschaft, vormals D. H. Pollak & H. Horwitz. Dasselbe beschäftigt im Ganzen circa 3000 Arbeiter, worunter 510 Frauen und Mädchen, und zwar 98 Maschinenstepperinnen, 336 Herrichterinnen, 34 Papperinnen, 20 Aufputzmacherinnen und 22 Packenniien.

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